
Biber-Rundgang beim Scharletenweiher: «Der Biber ist ein Anarchist»

DEM BIBER AUF DER SPUR
Treffpunkt und Ausrüstung
Der Pirschgang auf den Spuren des Bibers findet heute Freitag, 26. April von 19.30 bis zirka 21.30 Uhr statt. Treffpunkt: Scharletenweiher Brittnau/Pfaffnau. Empfohlene Ausrüstung: gutes Schuhwerk, Feldstecher und Taschenlampe.
Ein umgeknickter Baumstamm, das Holz in der Mitte durchgenagt: Biberspuren wie diese finden Spaziergänger entlang von Gewässern immer häufiger. Das Nagetier, einst gejagt und ausgerottet, konnte sich in der Schweiz erfolgreich wieder ansiedeln. Die Biber haben sich auch im Wiggertal niedergelassen: Rund 13 Reviere gibt es inzwischen entlang der Wigger und der Pfaffnern, was einem Bestand von etwa 40 Tieren entspricht. Wer mehr über die Biber und ihren Lebensraum in der Region erfahren möchte, kann heute Freitagabend an einer Führung rund um den Scharletenweiher teilnehmen: Der Natur- und Vogelschutzverein Brittnau organisiert zusammen mit dem Verein Lebendiges Rottal einen Rundgang, geleitet vom Biologen Christof Angst von der nationalen Biberfachstelle in Neuenburg.
Dass sich die Nager am Scharletenweiher überhaupt niedergelassen haben, hängt mit der Revierverteilung zusammen. Biber bevorzugen langsam fliessende Gewässer oder gar Teiche und Seen als Lebensräume, wo sie genügend Nahrung für den Winter vorfinden. «Die guten Stellen weiter unten an der Pfaffnern und dem Wilibach haben aber schon andere Biber besetzt», sagt Christof Angst. «Gegenüber anderen Bibern verteidigen sie ihre Reviere bis zum Tod.» Jene Tiere, die jetzt am Scharletenweiher leben, hätten sich den Platz also ausgesucht, weil sonst keine Stelle mehr frei war. «Ob sie dort lange bleiben, wird sich zeigen.»
Ein Segen für andere Arten
Im gesamten Kanton Aargau leben momentan rund 345 Biber. «Sie sind die Landschaftsgestalter schlechthin», meint Christof Angst. Die Nagetiere fällen mit ihren eisenharten Zähnen Bäume, graben mit ihren Krallen in der Erde und stauen Gewässer, bis sie ein wahres Biberparadies errichtet haben. Damit dienen sie auch anderen Tieren: Sie gestalten durch ihre Bauarbeiten neue Lebensräume. «Gerade in einer stark genutzten und aufgeräumten Landschaft ist das ein Segen», sagt der Biologe. In der Ökologie gehöre der Biber darum auch zu den Schlüssel- und Schirmarten: Er öffnet für andere Arten die Tür zu neuen Lebensräumen und bietet ihnen Schutz unter seinem Schirm. «Wenn der Biber den Schirm schliesst, verschwinden andere Arten mit ihm.»
Mais- und Rübendieb
Der Gestaltungsdrang der Biber führe aber auch zu Interessenüberlagerungen zwischen Mensch und Tier – gerade im dicht besiedelten Aargau. «Der Biber ist ein Anarchist und hält sich nicht an unsere Vorgaben», sagt der Biologe.
Seine Behausungen gräbt der Nager gern in Ufernähe, häufig weniger als fünf, maximal zehn Meter vom Wasser entfernt. «Weil wir fast überall Wege direkt an die Gewässer gebaut haben, graben die Biber auch unter diesen hindurch und können sie so zum Einsturz bringen.» Ist ihnen das Gewässer ausserdem nicht tief genug – die Biber bevorzugen eine Wassertiefe von rund 50 Zentimetern – bauen sie einen Staudamm aus Ästen und Zweigen. Das hat manchmal Folgen für die Landwirtschaft: Das Wasser kann rückwärts in Drainagen fliessen und die Felder vernässen. «Weitaus am häufigsten stibitzen die Biber jedoch Zuckerrüben und Mais. Das wird im Allgemeinen aber kaum als Schaden wahrgenommen.»
In der Bevölkerung geniesse der Biber einen sehr hohen Stellenwert. Die Leute seien im Allgemeinen begeistert über seine Rückkehr. «Die Begeisterung hört verständlicherweise auf, wenn der Biber im Garten einen Apfelbaum fällt.» Die Bäume liessen sich jedoch einfach schützen, so sei ein Nebeneinander problemlos möglich. Der Kanton Aargau habe mehrere Personen, die sich um die Biber kümmern und betroffene Personen vor Ort beraten, um Konflikte zu lösen. «Das funktioniert recht gut», sagt Christof Angst. «Das Hauptproblem ist aber immer der fehlende Platz für die Gewässer.» So könnten die Biber gar nicht anders, als unter Wegen hindurch zu graben oder Felder zu überfluten. «Hätten die Gewässer beidseits ein paar Meter mehr Raum, könnten viele Konflikte mit dem Biber präventiv gelöst werden.»