Bau- und Nutzungsordnung: Die Volksabstimmung wird Tatsache

Zersiedelung und Hochhäuser

Bis zu 38 Meter hoch könnte mit der neuen BNO auf dem Swissprinters-Areal gebaut werden. Ein so hoher Bau dürfte dort eher als Solitär entstehen.

Was ist hoch – was ist ein Hochhaus? Das Telli-Hochhaus in Aarau – in welchem das kantonale Finanzdepartement sein Domizil hat – misst 85 Meter. Entstanden ist es in den 1970er-Jahren. Spreitenbach im Februar 1955. Ein Zürcher Architekt informiert die Gemeinde über eine Änderung an seinem geplanten Einfamilienhausquartier. Er will auf seinem Areal einen «Akzent» zu den kleinen Häuschen setzen – ein Mehrfamilienhaus mit 20 Stockwerken realisieren. Man weiss in Spreitenbach wohl, was ein Zonenplan und eine Bauordnung ist, aber existieren tut nichts davon. Obschon das Vorhaben dem Gemeinderat nicht behagt, interveniert er nicht. Er ist damit beschäftigt, die Bauordnung fertigzustellen, denn das streuweise Bauen auf dem Feld gefällt ihm genauso wenig – zudem galt damals noch der Spruch, der im «Sternen» an der Wand prangt: «Ein jeder baut nach seinem Sinn, denn keiner kommt und zahlt für ihn.»

200 Unterschriftenbogen – so viele haben die Gegnerinnen und Gegner der revidierten Zofinger Bau- und Nutzungsordnung (BNO) am Donnerstag auf der Stadtkanzlei deponiert, wie Stadtschreiber Fabian Humbel auf Anfrage sagt. «Die Zahl der Unterschriften auf den einzelnen Bogen ist recht unterschiedlich», ergänzt Humbel. «Am Dienstag nach Ostern werden wir beginnen, die Namen der Unterzeichner mit dem Stimmrechtsregister abzugleichen – eine Arbeit, die neben dem Tagesgeschäft abgewickelt werden muss». Humbel rechnet mit einem Zeitbedarf von mindestens einer Arbeitswoche.

790 müssen gültig sein

790 der Unterschriften müssen gültig sein, damit es zu einer Volksabstimmung über die BNO kommt. Laut Daniela Scheidegger – sie ist die einzige Person, die sich bisher gegenüber dieser Zeitung als Mitträgerin des Referendums «geoutet» hat – wurden rund 1300 Unterschriften zusammengetragen. Dieses Polster ist für die Validierung des Referendums mehr als komfortabel – um nicht zu sagen solide.

Als in der Wolle gefärbter Demokrat muss man sich eigentlich freuen, dass es zu einer Volksabstimmung über ein so wichtiges Planungs- und Stadtentwicklungsinstrument wie die BNO kommt. «Eigentlich» deshalb, weil in der Volksabstimmung die Gesamtschau über die BNO aufgelöst wird – einzelne Elemente in den Vordergrund rücken.

Die einen wollen als Anrainer keine Bauten auf dem Cartub-Areal, den anderen sind bis zu 38 Meter hohe Bauten auf dem Swissprinters-Grundstück ein Gräuel und die Dritten stellen sich gegen Zusatzgeschosse – im Zusammenhang mit einem aufwendigen, städtebauliche Qualität anstrebenden Gestaltungsplanverfahren – quer. So gesehen steht es um die austarierte Zofinger BNO im Rahmen der Volksabstimmung eher schlecht. Wie sagte Marco Arni (glp) in der BNO-Debatte im Einwohnerrat? «Jeder ist Raumplanungsexperte und hat seine eigenen Vorstellungen.» Am Bauen lassen sich Sinn und Zweck der Welt – die eigene Sichtweise oder ein Parteiprogramm – relativ einfach erklären. Ein Liberaler will weniger Vorschriften, ein Grüner mehr Freiräume, ein Sozialdemokrat gemeinnützige Wohnungen.

Die neue Zofinger BNO wurde wie ein Haus von unten nach oben «gebaut». Planungsschritt für Planungsschritt war die Bevölkerung zu – meist leider schlecht besuchten – Orientierungsversammlungen eingeladen. Zum Inhalt äussern durfte man sich zuerst in einem formlosen Mitwirkungsverfahren, später per Einwendung. So konnte mitgestaltet werden. Ein Referendum bietet diese Möglichkeit nicht – und bei einem Ja darf bei altem Recht über Jahre das gebaut werden, was man eigentlich nicht will.