
Nach dem Gemeindeparlament soll auch das Volk über Steuererhöhungen befinden
Der derzeit budgetlose Zustand hat auch seine guten Seiten: Es wird nämlich darüber diskutiert, ob der Budgetprozess, so wie er bisher üblich ist, anzupassen ist. Ein überparteilicher Vorstoss fordert nämlich, dass Veränderungen des Steuerfusses künftig einer Urnenabstimmung zu unterstellen sind. Die Motion soll bei der nächsten Gemeindeparlamentssitzung vom 28. März eingereicht werden. Dieser Zeitung liegt der Entwurf bereits vor.
In der Begründung heisst es, dass bei einem obligatorischen Referendum nicht auch noch die übliche 30-tägige Frist abgewartet werden muss, in der ein fakultatives Referendum ergriffen werden kann. Eine Urnenabstimmung bei einer Steuerfussveränderung soll daher noch im alten Jahr stattfinden, ein allfälliges fakultatives Referendum spätestens auf den ersten Abstimmungstermin im neuen Jahr angesetzt sein. Dies führte dazu, dass «Olten gar nicht oder mindestens weniger lange unter einem budgetlosen Zustand leiden muss», heisst es in der Motion.
«Statt auf eine Unterschriftensammlung zu warten, schlagen wir ein proaktives Vorgehen vor und wollen so aus der Opferrolle herauskommen», sagt Tobias Oetiker von der Gruppierung Olten jetzt! auf Anfrage. Er hat den Vorstoss zusammen mit Laura Schöni (Olten jetzt!), Raphael Schär (Grüne) und Daniel Probst (FDP) ausgearbeitet. Der Vorschlag sei davon abhängig, ob der Prozess der Budgetierung beschleunigt respektive vorgezogen werden kann, sagt Oetiker. Bisher wird das Budget mit dem Steuerfuss jeweils Mitte/Ende November im Gemeindeparlament behandelt. Mit dem obligatorischen Referendum bei einer Steueranpassung – sei es eine Erhöhung oder Senkung des Steuerfusses – könnte künftig die 30-tägige Wartefrist fürs fakultative Referendum vermieden werden.
Trotzdem würde bei gleichbleibendem Zeitplan erst eine Abstimmung kurz vor Weihnachten im Dezember möglich sein. Oetiker kann sich daher vorstellen, das Budget im Gemeindeparlament früher zu behandeln, um Zeit zu gewinnen. Ein Vorschlag müsse aber der Stadtrat oder die Verwaltung machen. Infrage käme die September-Sitzung oder eine zusätzliche Sitzung im Oktober. «Die Frage ist, ob das machbar wäre», sagt er.
Die Finanzkommission hat das Thema in ihrer Sitzung vergangenen Montag behandelt. Wie es auf Anfrage bei einem Mitglied heisst, zeigte man sich in der Kommission skeptisch über den Vorschlag. Man fragte sich, ob nicht die Qualität des Budgets darunter leide. Wichtige Zahlen des Kantons würden nämlich etwa für den September-Termin noch nicht vorliegen. Finanzverwalter Urs Tanner wollte sich auf Anfrage zum Thema nicht äussern. Finanzdirektor Benvenuto Savoldelli war am Mittwoch für eine Stellungnahme nicht erreichbar.
Auch der Kanton hat seine Vorbehalte, wie Thomas Steiner als Leiter Gemeindefinanzen auf Anfrage schreibt: «Je früher das Budget zur Beschlussfassung dem Gemeindeparlament respektive dem Souverän unterbreitet werden muss, desto mehr Unschärfe gibt es bei den Zahlen.» Dies gelte etwa für die Ausgabenbereiche wie Soziales und Bildung sowie die Steuereinschatzung selbst, die auf dem letzten zu 100 Prozent veranlagten Jahr beruhe. Weil im Kanton Solothurn die Steuerpflichtigen gegenwartsbesteuert werden, dauere es in der Regel über ein Jahr, bis alle definitiv veranlagt seien, vor allem bei den Firmen. Bei einem drei Monate früheren Termin hätte dies fürs Budget «unweigerlich eine andere Planungsqualität im Vergleich zu heute zur Folge».
Auch wenn dem Kanton bisher keine Gemeinden bekannt sind, die ein obligatorisches Referendum kennen, zeigt schon der Blick in den Aargau andere Verhältnisse. In der Stadt Baden müssen die Stimmbürger gemäss Gemeindeordnung über das Budget befinden, wenn der Steuerfuss sich ändert – so wie dies nun die Oltner Motionäre vorschlagen. Die Stadt Aarau kennt sogar eine schärfere Bestimmung: Dort werden die Stimmberechtigten jährlich fürs Budget an die Urne gerufen. Dementsprechend werden in den beiden Städten die Budgets bereits im September oder Oktober in den Einwohnerräten behandelt. Aber selbst der Kanton Solothurn kennt eine Regelung mit einem obligatorischen Referendum: Falls die Staatssteuer über 20 Punkte oder mehr erhöht wird, muss dies zwingend an der Urne abgesegnet werden.