
Der selbsternannte Provokateur: Ein Wohlhuser kandidiert im Wahlkreis Willisau für den Kantonsrat
Die Sendungsmacher arbeiten fleissig an ihren Computern. Ein Hund dreht im Redaktionsraum seine Runden. Jeden Montag trifft man auch Linus Bürgi in den Studioräumlichkeiten von Radio 3FACH in Luzern an. Seit Mai 2018 moderiert er die Politsendung «Krass Politik». Seit er 13 Jahre alt ist, ist Bürgi ausserdem Mitglied bei den Jungen Grünen. Es ist ihm wichtig, zu betonen, dass es ihm trotzdem ein Anliegen sei, politisch neutral durch seine Sendungen zu führen. Rückmeldungen seiner Gäste zufolge gelinge ihm dies auch ziemlich gut. Politikerinnen und Politiker aus allen politischen Lagern kommen beim nicht kommerziellen Radio 3FACH zu Wort.
Der Provokateur
Als provokant würde sich Linus Bürgi beschreiben. «Wenn man als junge Person in der Politik gehört werden will, ist Provokation manchmal unerlässlich», meint er. Denn durch Provokation würden die Leute dazu gezwungen, ihre Position zu hinterfragen und zu debattieren. Und die Debatte ist, was Linus Bürgi an der Politik fasziniert.
Es stört ihn, dass die Politik oft «ein Zuschachern von Ämtern» sei. Es gehe gar nicht mehr darum, wer die besseren Argumente habe oder wer am kompetentesten sei. «Bei uns im Hinterland werden jene Leute gewählt, die die meisten Leute kennen.» Trotz seiner provokanten Ader: Eine Mitgliedschaft bei der JUSO käme für Linus Bürgi heute nicht infrage. Er stört sich zum Beispiel daran, wie die Jungpartei den Begriff Feminismus definiert: «Ich würde mich selbst als Feminist bezeichnen. Für die JUSO zählt aber der Einsatz für jegliche Art von Minderheiten als Feminismus. Das ist schlicht linke Politik. Da bringt es nichts, mit Feminismus zu argumentieren. Denn dieser ist für viele noch immer ein rotes Tuch.»
Ausserdem würde er sich selbst nie als Sozialist bezeichnen: «Eine soziale Marktwirtschaft finde ich etwas Sinnvolles.» Am Kanton Luzern schätzt Linus Bürgi das vielfältige kulturelle Angebot. Seine musikalischen Vorlieben sind in den Bereichen Hip-Hop, Techno und Indie-Folk zu finden.
Der Kampfkünstler
In seiner Freizeit betreibt er Kampfkunst. Bürgi besitzt den schwarzen Gürtel in Haidong Gumdo, einer koreanischen Schwertkampfkunst. 2017 nahm er an den Schweizer Meisterschaften in Dagmersellen teil. Hauptsächlich studiert Linus Bürgi aber Wirtschaftswissenschaften an der Universität Zürich. Dieses Fach betrachtet er nicht als Widerspruch zu seiner politischen Haltung. Die Wirtschaft sei schliesslich kein Thema, das nur den Bürgerlichen vorbehalten sei, und es habe in der Vergangenheit auch schon viele linke Persönlichkeiten mit grossem Einfluss auf die Wirtschaft gegeben.
Linus Bürgi lebt in Wolhusen und trotzdem kandidiert er im Wahlkreis Willisau. «Ich fühle mich mit dem Hinterland viel mehr verbunden als mit dem Entlebuch. Hier entspricht mir auch das kulturelle Angebot mehr», sagt er.
Am Familientisch bei den Bürgis war die Politik schon immer ein grosses Thema. Seine Eltern sind auch Grüne, jedoch bezeichnet sich Linus Bürgi als «etwas liberaler» als sie. So solle man den Natur- und Heimatschutz beispielsweise lockern dürfen, um Windräder oder Stauseen zu bauen. «Ich finde, da müssen wir etwas lockerer werden», sagt er. «Den Grimselpass finde ich immer noch schön, trotz des Stausees.»
Der Umwelt zuliebe fährt Linus Bürgi kein Auto und er fliegt nicht innereuropäisch. Doch, die Frage, was eine einzelne Person für den Umweltschutz tue, finde er die falsche. «Seit Jahrzehnten wissen wir nun, dass der Klimawandel ein Riesenproblem ist. Es braucht politische Massnahmen. Es geht nicht darum, was wir als Privatpersonen machen. Ganz einfach: Inlandflüge muss man verbieten! Dass man für 20 Franken nach Berlin fliegen kann, ist absurd. Ausserdem sollten die Lebenszyklen von Produkten verlängert werden», fordert Bürgi. Der Kanton Luzern sollte seiner Meinung nach bessere Umweltstandards von Immobilien vorantreiben und den öffentlichen Verkehr fördern, welcher flexibler werden sollte als das Auto. Doch Linus Bürgi bleibt realistisch: «Die Diskussionen werden sich im Luzerner Kantonsrat auch in den nächsten vier Jahren nicht darum drehen. Die fehlgeschlagene Steuerpolitik verhindert die sachliche Diskussion über andere Fragen.»