
Albtraum des Chefredaktors
Die SMS kam nachts um 3.30 Uhr. Die Druckmaschine streike. Sämtliche Versuche, sie wieder zum Laufen zu bringen, seien gescheitert. Ein Ausweichen auf eine andere Druckerei sei nicht mehr möglich. Deshalb würden an diesem Donnerstag kein Zofinger Tagblatt und keine Luzerner Nachrichten erscheinen. Journalistinnen und Journalisten – überhaupt alle, die an der Herstellung einer Tageszeitung beteiligt sind – kennen die Überraschungen, die einen auf dem linken Fuss erwischen. Aber dass das Blatt, das man tagsüber und abends auf den Schlitten gebracht hat, die Leserinnen und Leser gar nicht erreicht – das ist mehr als eine Überraschung. Das eine ganz, ganz kalte Dusche. So brauchte ich vorgestern auch keinen doppelten Espresso, um wach zu werden. Guten Morgen, du Albtraum jedes Chefredaktors!
Der Tag endete dann allerdings weniger schlimm als er begonnen hatte. Einerseits war er ein guter Anlass, sich in Gelassenheit zu üben. Wir sind ständig und zunehmend von Technologien umgeben, die komplexer und undurchschaubarer werden. Im Fall der ZT-Panne war es ein kleines, gelbes Sicherheitsrelais, das den Dienst verweigerte. Das Problem zu orten erforderte aber aufwendige Tests. Dass die Dinge um uns herum funktionieren, gilt uns als zu selbstverständlich. Die Wahrheit ist: Unscheinbare, kaum vorhersehbare Fehlfunktionen können komplexe System innerhalb kürzester Zeit kollabieren lassen – der Schmetterlingseffekt lässt grüssen. Mein Englischlehrer hatte recht, als er uns eine Lebensweisheit mit auf den Weg gab: «Hope for the best and prepare for the worst» – «Hoffe auf das Beste und bereite Dich auf das Schlimmste vor». Aber nicht nur über die Tücken der Technik habe ich an diesem Donnerstag so einiges gelernt. Dass die Leserinnen und Leser erstaunt und verärgert waren, als sie ihre gewohnte Morgenlektüre nicht im Briefkasten vorfanden, ist klar. Das Verständnis, das sie uns entgegengebracht haben, sobald sie von der Panne in der Druckerei erfuhren, hat mich dann doch erstaunt – dafür bedanke ich mich an dieser Stelle nochmals ganz herzlich! Hoffen wir das Beste: Eine ähnliche Panne soll nur einmal in 100 Jahren geschehen.