«Wir sind traurig über das Schicksal»: Solothurn trauert um die sieben Brandopfer

Das Handy bleibt draussen. Das Schild mit dem durchstrichenen Handy-Symbol prangte an jeder Tür, die ins Innere der St.-Ursen-Kathedrale führt. Während der Feier durften keine Aufnahmen gemacht werden. Das wurde aus Pietätsgründen so entschieden. Vor und nach der Feier konnte die hergerichtete Kathedrale jedoch fotografiert werden.

Sieben Amphoren, sieben Schilder und das Foto einer vierköpfigen Familie vor dem Altar der St.-Ursen-Kathedrale in Solothurn verwandelten in einer würdevollen Gedenkfeier die sieben Menschen, die bei der Brandkatastrophe vom 26. November ums Leben gekommen waren, in Menschen mit Namen und Gesichtern. Rund 800 Personen nahmen am Samstag an der bewegenden Gedenkfeier teil.

«Sammle meine Tränen in deinen Krug» (Psalm 56, 9). Diese Worte legten die Würdenträger der fünf an der Feier beteiligten Religionen und Konfessionen ihren Ansprachen zugrunde. Der wunderschöne Betgesang des äthiopischen Imams Ali Demir sorgte in der Kathedrale ebenso für eine Welten verbindende Stimmung wie die kurze Zeremonie des orthodoxen, eritreischen Priesters Gidey Tukue.

Spürbares Mitgefühl
Die Worte der beiden Würdenträger mussten nicht übersetzt werden. Sie wurden nicht nur von den Angehörigen und Freunden aus Eritrea und Äthiopien aufgenommen. Auch die vielen Solothurnerinnen und Solothurnern, die mit ihrem Besuch ihr Mitgefühl und die Solidarität mit den Opfern zeigten, verstanden die Botschaften.

Der Chor der Nationen und Geigenspieler Matthias Steiner bildeten den musikalischen Rahmen der bewegenden Gedenkfeier.

«Die sieben Krüge sollen unsere Tränen sammeln», sagte der reformierte Pfarrer Koen de Bruycker. «Sie stehen für die Zerbrechlichkeit des Lebens und unsere Machtlosigkeit angesichts des Todes.»

Tröstende Worte
Der christkatholische Pfarrer Klaus Wloemer sagte: «Wenn ein Mensch stirbt, stirbt damit sein erster Schnee, sein erster Kuss. Es sind nicht einfach Menschen die sterben, es sind Welten, die aufhören zu existieren.»

«Wir sind traurig über das Schicksal von zwei Familien, die in ihrem Leben bereits viel Schweres erlebt haben», überbrachte Regierungsrätin Susanne Schaffner die Botschaft des Kantons. «Sie sind aus ihrer Heimat geflüchtet und haben Entbehrungen und Risiken überstanden. Sie haben hier in der Schweiz Zuflucht und Sicherheit gesucht und sind nun auf so tragische Weise gestorben.» Zwei Kinder bleiben als Waisen zurück. «Für sie wird mit Umsicht und unbürokratisch gesorgt», versicherte Schaffner.

Hoffnungsvolle Wünsche
Stadtpräsident Kurt Fluri gedachte der Opfer und ihrer Angehörigen, und er dankte den Rettungskräften. «Sie werden immer wieder an einen Notfalleinsatz gerufen, und sie wissen nicht, ob es ein Fehlalarm oder eine Katastrophe ist, die sie erwartet. Sie alle haben ihre Aufgaben pflichtbewusst und mit grösstem Einsatz erfüllt. So konnten sie viele Menschen lebend aus diesem Inferno retten.»

Fluri erinnerte daran, dass sowohl die Angehörigen, die Geretteten als auch die Retter zwar körperlich unversehrt davongekommen sind, aber seelisch verletzt wurden. «Wir wünschen ihnen allen, dass ihre Erinnerungen an die Schreckensnacht bald durch neue, schöne Erlebnisse gelindert werden.»

Nach der rund einstündigen Feier in der Kathedrale nutzten viele Menschen die Möglichkeit, zu Fuss an den Unglücksort zu gehen. Die Menschen legten eine selber mitgebrachte Rose nieder. Damit wurde das Leben symbolisch an jenen Ort zurück gebracht, an dem die Opfer den Tod fanden.

Zwei Familien betroffen
Der Brand am 26. November in einem älteren Wohnhaus an der Wengistrasse in der Nähe der Altstadt löschte sieben Leben aus. Nach dem Brand an jenem frühen Montagmorgen waren zunächst sechs Personen – zwei Kinder und vier Erwachsene – tot geborgen worden. Ein weiteres Kind starb später im Spital.

Alle sieben Verstorbenen sind Angehörige einer vier- beziehungsweise fünfköpfigen Familie. Sie stammen ursprünglich aus Eritrea und Äthiopien. Sie bewohnten im Haus je eine Wohnung. Es handelt sich um vier erwachsene Personen im Alter zwischen 27 und 33 Jahren, um ein Kleinkind sowie um zwei Kinder im Schulalter.

Ausgelöst wurde der Brand durch eine andere Person im Erdgeschoss, die im Bett rauchte. Sie wurde zunächst festgenommen und ist geständig. Sie wird vermutlich wegen mehrfacher fahrlässiger Tötung, mehrfacher fahrlässiger Körperverletzung und wegen fahrlässiger Verursachung einer Feuersbrunst angeklagt. (hps/sda/ldu)