
Zum Schluss ein Flickwerk?
Bundesrätin Doris Leuthard hat eine beeindruckende Amtszeit hinter sich. Fast alle Geschäfte brachte sie ins Trockene, nur zwei Abstimmungen gingen verloren – wobei die eine, jene über die Autobahn-Vignette, eine Nebensächlichkeit war. Nie verlor Leuthard in den letzten zwölf Jahren die Bodenhaftung. Stets wirkte sie gut gelaunt und volksnah – wir werden sie also vermissen. Eine Replik erlaube ich mir dennoch – sie betrifft Leuthards jüngste Äusserungen über Medien und Journalisten.
Medienleute reagierten auf Kritik oft «absolut mimosenhaft», sagte sie am Journalismustag in Winterthur. Ich schlucke leer und räume ein: Da hat sie leider recht.
Sie sagte auch: «Gratiszeitungen würde ich sofort abschaffen.» Das hingegen ist eine seltsame Einschätzung einer Medienministerin. Sie zeugt von einem Verständnis, das nicht unbedingt auf den Grundsätzen einen liberalen Medienordnung basiert. Gratis-Zeitungen sind letztlich Kinder des Internets. Als die Informationen im Netz gratis zu fliessen begannen – was weder durch den Bundesrat noch durch die Verlage zu verhindern war – war auch das Geschäft mit den Gratis-News auf Papier geboren. Wäre diese Geburt zu verhindern gewesen? Ja, falls sich alle grossen Schweizer Verleger an einen Tisch gesetzt und gemeinsam beschlossen hätten, jeden Versuch einer Neulancierung sofort vom Markt zu fegen. Nur ein Kartell könnte also den Druck von Gratisblättern unterbinden. Wollen wir Kartelle im Medienbereich? Dass es Gratis-Zeitungen gab und gibt ist der Preis dafür, dass im Schweizer Medienmarkt Konkurrenzkampf herrscht. Soll man das als Wähler bedauern? Leuthards schnippische Bemerkung ist von besonderem Interesse, weil sie im Sommer ein neues, inzwischen von vielen Seiten heftig kritisiertes Mediengesetz in die Vernehmlassung geschickt hat. Darin kommen die Printmedien gar erst nicht vor. Andererseits kündigte der Bundesrat an, Massnahmen zur indirekten Presseförderung zu prüfen.
Ich muss BDP-Nationalrat Bernhard Guhl recht geben, wenn er sagt, der Bundesrat produziere in der Medienpolitik ein «Flickwerk». Hoffentlich räumt Leuthards Nachfolgerin damit zügig auf.
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