
Letzter Wille sorgt in Rothrist für Diskussionsstoff
«Die vorgesehenen Parkplätze liegen sieben Meter von unserer Wohnung entfernt und erstrecken sich über zwei Reihen bis zum bestehenden Parkplatz der Bibliothek“, sagte Ernst Matti als Dirketbetroffener. Dem Rothrister Stimmbürger geht es aber vor allem um den letzten Willen von Gertrud Miescher.
Die am 9. Juni 1986 verstorbene Rothristerin hat der Einwohnergemeinde ihre Liegenschaft und einen Teil ihres Barvermögens vermacht. Ihre Bedingung war, dass in der Liegenschaft das heutige Heimatmuseum eingerichtet wird. «Nach dem Willen der Erblasserin darf auch der Umschwung nicht überbaut, sondern soll als Grünfläche der Öffentlichkeit erhalten und zugänglich gemacht werden», zitierte Matti aus einem Zeitungsartikel und meinte: «Dummerweise ist im handschriftlichen Testament nur das Haus, nicht aber der Umschwung erwähnt.»
Mattis Meinung nach sollte die Grünfläche erhalten bleiben, weil es die einzig grössere Wiese im Besitz der Gemeinde sei. «Nun soll die grüne Lunge teilamputiert werden», sagte er und meinte: «Wer weiss, vielleicht wird dieses Land in einer Stadt Rothrist einmal der Central Park von Rothrist City?» Das Land sei zwar in der Zone für öffentliche Bauten und Anlagen. «Die Personalparkplätze sind keine Anlagen, die der Öffentlichkeit zur Verfügung stehen, denn sie werden vermietet.» Als Lösung schlug er vor, dass die Gemeinde in der Nähe des Pflegezentrums ein Stück Land langfristig pachtet oder die Gemeinde anderes eigenes Land zur Verfügung stellt. Beispielsweise die Wiese vis-à-vis des Feuerwehrlokals, die auch in der Zone für öffentliche Bauten liege und auf der nichts geplant sei. «Die Angestellten, die mit dem ÖV anreisen, haben von der Haltestelle beim Gemeindehaus zum Altersheim gleich weit zu Fuss», sagte er und erklärte, dass er die Strecke selber zurückgelegt habe. «Ich bin 75 Jahre alt und es ist machbar.»
Ad-hoc-Abstimmung unmöglich
Ernst Matti räumte ein, dass das alleinige Bewilligungsrecht der Gemeinderat habe. Um den Puls der Stimmberechtigten zu spüren, bat er jedoch um eine unverbindliche Abstimmung mit dem Antrag «Der Gemeinderat soll die geplanten Parkplätze auf dem Miescher-Heimet-Areal nicht bewilligen und eine Alternative prüfen». Gemeindeammann Ralph Ehrismann konnte dem Wunsch nicht folgen. «Ad hoc dürfen wir an der Gmeind nichts abstimmen. Auch eine konsultative Abstimmung muss im Vorlagenbüchlein traktandiert sein.»
Auch Rolf Hofer als ehemaliger Leiter des Heimatmuseums und «als einer der Mitverantwortlichen dieses Testaments» ergriff das Wort: «Massgebend bleibt immer der Wille des Erblassers.» Hofer zweifelte an, dass es im Sinn der Verstorbenen sei, das Land zu verkaufen, zu verpachten oder dem Naturschutzverein zur Verfügung zu stellen. «Trudi Miescher würde sich wünschen, dass auf der Wiese Bäume gepflanzt und Sitzbänke aufgestellt werden.»
Gemeinderat Adrian Schmitter räumte ein, dass der Parkplatz Emissionen verursache. Er appellierte, an die Angestellten zu denken. Es seien vorwiegend Frauen, die wegen dem 24-Stunden-Betrieb auch nachts arbeiten und nicht alle in Rothrist wohnen würden. «Die Gemeinde Rothrist setzt sich für das Heimatmuseum sehr ein», sagte Schmitter. Er gab zu bedenken, dass die Altenpflege Gertrud Miescher am Herzen lag. «Sie hinterliess dafür einen beachtlichen Betrag und wäre bestimmt mit dieser Lösung einverstanden.»
Gemeindeammann Ehrismann versicherte, dass sich der Gemeinderat an das Testament halte und nicht an Zeitungsberichte. Zudem gab er zu bedenken, dass nichts vom Land verkauft werde. «Wir werden alles genau überprüfen und zu gegebener Zeit die Entscheidung bekannt geben.»
Sichtschutz für Sporthalle
Auch Peter Göbel nutzte unter dem Traktandum «Verschiedenes» die Gelegenheit zum Vorsprechen. Seit zwei Jahren kämpft der Präsident des Handballvereins für Anpassungen in der Sporthalle. Probleme bereite das Schliesssystem der Eingangstüre. «Weil es nicht richtig schliesst, muss ich während dem Training 20 Mal rauslaufen.» Dies sei ebenso mühsam wie die fehlende Store. Schon vor einiger Zeit habe wegen dem fehlenden Sicht- und Sonnenschutz mit der Polizei, dem Gemeinderat und der Schule eine Besprechung vor Ort stattgefunden. «Wir hoffen, dass die versprochene Store montiert wird, um auch die Trainierenden vor der lästigen Filmerei zu schützen.» Ammann Ehrismann versicherte, sich der Sache anzunehmen und an der nächsten Gmeind zu antworten.
Chancenlose Anträge
Bei allen traktandierten Geschäften folgten die Stimmberechtigten – von 5697 waren 193 anwesend – den Anträgen des Gemeinderates (siehe Box). Zwei Anträge auf Rückweisung und ein Änderungsantrag blieben chancenlos. Klar stimmten die Anwesenden der Personalaufstockung im Hallen- und Freibad zu. Der Stellenplan wird von 825 auf 1015 Prozent erhöht. Darin sind nur die Stellen ausgewiesen, die das ganze Jahr besetzt sind. Die temporären Stellen, wie Sommeraushilfe im Restaurant und Badaufsicht sowie die Lehrstelle, werden ausserhalb des Stellenplans geführt. So kommen zu den bewilligten 190 Stellenprozenten noch 55 Prozent dazu. Um den Personalaufwand zu reduzieren, machte sich die SVP für die Verpachtung des Restaurants und den Einbau eines digitalisierten Kassen- und Eingangsbereichs stark. Ihr Rückweisungsantrag wurde klar abgelehnt. Auf Ablehnung stiess auch der Anpassungsantrag von Robert Bär. Er verlangte, den Stellenplan um mindestens 100 Prozent zu reduzieren.
Auch die EVP blieb mit ihrem Rückweisungsantrag gegen die Sanierung des Bezirksschulhauses auf der Strecke. Der Souverän sprach sich klar für den Projektierungskredit von 600 000 Franken aus.
Beschlüsse
Kreditabrechnungen Erschliessung Areal Breiten, zweite Etappe: Ja
Kreditabrechnungen Kanalisation Quellenweg/ Eggasse: Ja
Projektierungskredit von 600 000 Franken für die Sanierung des Bezirksschulhauses: Ja
Kredit von 650 000 Franken für Neubau der Kanalisation Neuweg: Ja
Stellenplan-Erhöhung im Hallen- und Freibad Stampfi: Ja
Budget 2019: Ja