Kleine Pflanzen, grosses Wachstum – Omya investiert in Agro-Forschung

Forschungsleiterin Katharina Kölling erklärt die Blütenendfäule bei Tomaten.
Forschungsleiterin Katharina Kölling erklärt die Blütenendfäule bei Tomaten.

OMYA

Weltkonzern

Die Firma Omya ist ein führender globaler Hersteller von Industriemineralien, insbesondere von Kalziumkarbonat. Zudem ist er in der Distribution von Spezialchemikalien tätig. Omya wurde 1884 in Oftringen gegründet. Heute beschäftigt der Konzern 8000 Mitarbeiter an mehr als 175 Standorten und ist in über 50 Ländern präsent. Der wichtigste Omya-Rohstoff Kalziumkarbonat kommt verarbeitet zum Beispiel in Zahnpasten, Farben, Papier, Kunststoffen, Gummi, sowie Kosmetik- und Reinigungsartikeln zum Einsatz.

Es ist hell im Gewächshaus hinter der Bahnlinie, auf dem Gelände der Firma Omya in Oftringen. Salatsetzlinge stehen in Reih und Glied, nummeriert, beschriftet und zum Teil mit Fliegennetzen abgedeckt. Auf dem Tisch steht eine Tomatenpflanze mit einer halb verfaulten Frucht. Gegen diese Fäule will Omya vorgehen. Doch dazu später mehr.

Draussen stehen in Sichtweite 160 junge Apfel- und 63 Kirsch-Bäume in einer Zuchtanlage mit automatischer Bewässerung. Dazwischen liegt eine freie Fläche für Ackerversuche mit Salaten oder Kohl. Omya hat hier ein «Crop Science Center» zur Forschung an landwirtschaftlichen Produkten geschaffen. Die Firma erhofft sich dadurch langfristig den Ertrag von Bauern rund um den Globus zu verbessern – und damit auch den eigenen Gewinn zu steigern.

Laut Michael Both, Mitglied der Geschäftsleitung, ist der landwirtschaftliche Bereich ein wichtiges Element der Wachstumsstrategie der Firma. Vor sechs Jahren habe man begonnen, das Agro-Business in die ganze Welt zu tragen. «Und wir wollen den Anteil des Agro-Geschäfts am Gesamtumsatz bis 2026 mehr als verdoppeln.» Heute generiert Omya insgesamt rund 3,5 Milliarden und im Agro-Bereich rund 300 Millionen Franken Umsatz. Der biologische Pflanzenschutz sei ein grosses Thema. Both betont, dass man mit dem Science Center zeigen könne, dass Oftringen als Standort weiterhin eine wichtige Rolle spiele. Hintergrund dieser Aussage: vor einem Monat hat Omya angekündigt, in Egerkingen zu expandieren, wo künftig die Forschung und Entwicklung angesiedelt sein soll.

Im Oftringer Gewächshaus wird die Temperatur im Winter bei 10 Grad gehalten, im Sommer ist sie bis zu 5 Grad über der Aussentemperatur, erklärt die Forschungsleiterin Katharina Kölling. In einer Kammer liegen derzeit Dutzende Salatsetzlinge, eingefasst mit einem Fliegennetz. Hier testet Kölling gerade das Omya-Hauptprodukt Kalziumkarbonat als Trägerstoff für ein Mittel gegen Blattläuse. Bisher wurde das aus Stein gewonnene und zermahlene Mineral Kalziumkarbonat in der Landwirtschaft vor allem als Dünger und Bodenverbesserer eingesetzt. Es neutralisiert Säure. Doch laut Kölling kann dieser natürliche Stoff auch anderweitig zum Einsatz kommen. Kalzium sei auch wichtig für die Struktur der Pflanzen. Es komme zum Beispiel in Zellwänden vor. Wenn man Partikel des Kalziumkarbonats auf Pflanzen sprühe, könnten die Blätter Kalzium aufnehmen. «Damit kann man die Qualität von Früchten und so zum Beispiel die Lagerfähigkeit verbessern.» Kölling zeigt auf die verfaulte Tomate: «Wir können auch die sogenannte Blütenendfäule bekämpfen.» Diese sei eine typische Kalzium-Mangelerscheinung. Und eine solche Tomate könne man natürlich nicht mehr auf den Markt bringen.

Das Ausgangsprodukt für die AgroAnwendungen, das Kalziumkarbonat, kommt immer aus einem nahe am Werk liegenden Steinbruch, erklärt Both. Da die Logistikkosten entscheidend seien, hat die Firma weltweit Produktionsstätten, die nahe bei den Kunden liegen. In der Forschung kommen aber Minerale aus verschiedenen Produktionen zum Einsatz.

Weiter hinten im Gewächshaus testet Kölling das Mineral derzeit an Kefen, die von einem Pilz befallen sind und erstellt bei Tomatensetzlingen Wachstumsprotokolle, um den Kalziummangel zu dokumentieren.

Sonnenschutz für Äpfel
Doch Düngung und Bodenverbesserung sind nur zwei der denkbaren Anwendungen. Auch die physikalischen Eigenschaften des Minerals könne man sich zunutze machen. Die 3 D-Struktur des Mineralpartikels reflektieren und absorbieren Licht. So kann es zum Beispiel als Sonnenschutz bei Äpfel zur Anwendung kommen. Bei zu starker Sonneneinstrahlung können Äpfel bräunlich werden, was für den Verkauf hinderlich ist. Und das kantige Kalziumkarbonat kann auch Insekten abhalten. Auch das Filtern von Schwermetallen könnte ein Einsatzzweck sein.

Neben den eigenen Feldversuchen arbeite Omya auch mit Instituten wie dem Forschungsinstitut für biologischen Landbau (FiBL) zusammen, sagt Kölling.

Nach der Ernte könne das Kalziumkarbonat übrigens relativ einfach wieder von den Früchten abgewaschen werden, sagt Kölling. «Es will ja niemand in einen weisslichen Apfel beissen.»

Herzstück des «Crop Science Center»: Ein Gewächshaus mit mehreren Kammern.
Herzstück des «Crop Science Center»: Ein Gewächshaus mit mehreren Kammern.
160 Apfelbäume der Sorte Braeburn stehen in der Forschungsanlage der Omya.
160 Apfelbäume der Sorte Braeburn stehen in der Forschungsanlage der Omya.
Schon heute werden Omya-Produkte zur Verbesserung des Bodens eingesetzt.
Schon heute werden Omya-Produkte zur Verbesserung des Bodens eingesetzt.