
Auch eine Lärmschutzmassnahme: Tempo beim «Scharfen Ecken» entschärft

Das Tempo ist beim Restaurant-Dancing Scharfen Ecken in Rothrist deutlich entschärft. Anstatt 50 gilt neu 30 an der Rubernstrasse. Seit drei Wochen weisen Eingangsportale auf die neue Tempo-30-Zone und auf der Fahrbahn sind mit weisser Farbe unübersehbar 30er-Signete markiert. Dennoch – an die neue Geschwindigkeit haben sich viele der vorbeifahrenden Lenker noch nicht gewöhnt. Dies zeigt sich beim Augenschein vor Ort.
Aufmerksam auf das neue Regime macht die Lenker auch seit einer Woche die mobil einsetzbare Geschwindigkeits-Anzeigetafel der Marke Viasis. Wer das vorgeschriebene Tempo einhält, dem strahlt ein grüner Smiley entgegen. Einen rot leuchtenden «Lätsch» gibt es für jene Verkehrsteilnehmer, die zu schnell unterwegs sind.
Seit diesem Juni hat die Gemeinde Rothrist ihr eigenes Geschwindigkeitsmessgerät. Die Investition von 4500 Franken zahlt sich schnell aus, denn die Miete kostet um die 150 Franken pro Woche. In den letzten Jahren setzte Rothrist oft solche Messgeräte zur Überprüfung ein. «Viele sind sich gar nicht bewusst, wie schnell sie fahren», gibt Gemeinderat Hans Rudolf Sägesser zu bedenken. Er betont, dass «Viasis» der Prävention und nicht der Repression diene, «damit kann an neuralgischen Punkten den Lenkern sympathisch der Spiegel vorgehalten werden».
Ergebnisse von zwölf Messungen
Seit Mitte Juni mass das «Viasis»-Gerät an zwölf Standorten die Geschwindigkeiten über einen Zeitraum von jeweils zwei Wochen. «Es hat uns überrascht, dass auf den ausgewählten Strassen die signalisierte Höchstgeschwindigkeit von 85 Prozent der Fahrzeuglenker deutlich unterschritten wurde», sagt Sägesser. Als Beispiel nennt er den Winterhaldenweg, auf dem Tempo 50 gilt. Die Messung zeigte, dass die Lenker östlich vom Schulhaus durchschnittlich mit
43 km/h und beim Schulhaus mit 40 km/h unterwegs sind (siehe Tabelle). Auch in den drei bestehenden Tempo-30-Zonen unterschritten oder hielten 85 Prozent der Lenker die Höchstgeschwindigkeit ein. Am Juraweg waren sie mit 27 km/h, am Säliweg mit 26 km/h und am Nussweg Südost mit 30 km/h unterwegs.
Grobe Verstösse hätten die Messungen nicht zum Vorschein gebracht. Auf dem Fröschentalweg und dem Aeschwuhrweg liege die durchschnittliche Geschwindigkeit bei 51 km/h anstatt bei 50, «hier fahren vor allem nach Mitternacht einzelne leider zu schnell». Zudem hat Sägesser, als er mit seinem Auto und einem Mietauto unterwegs war, festgestellt, dass Navigationsgeräte nicht nur in diesem Gebiet ein anderes Tempo angeben. «Navis sind eine Orientierungshilfe und nicht verbindlich – das sagt auch die Polizei», so Sägesser.
Dass die Polizei Radarkontrollen auf dem Gemeindegebiet macht, schliesst er nicht aus. Beim gemeindeeigenen Gerät gibt es für Schnellfahrer keine Bussen. Dies, weil das Messgerät, anders als die Radarkontrolle, kein Bild des zu schnellen Gefährts macht. Es zeichnet lediglich die gefahrenen Geschwindigkeiten auf, «wir sind gespannt auf die Auswertung».
Durch Rothrist fährt viel Verkehr. Alleine auf der Bernstrasse rollen täglich 15 000 Fahrzeuge. Vor vier Jahren liess die Gemeinde ein Strassenlärm-Sanierungsprojekt (LSP) für sämtliche Gemeindestrassen durch das Ingenieurbüro Grolimund + Partner AG erstellen. Da auf die öffentliche Auflage im Frühjahr 2015 keine Einsprachen eingingen, erarbeitet das Aarauer Ingenieurbüro Ballmer + Partner AG ein Gutachten für die Einführung einer Tempo-30-Zone im Gebiet Fleckenhausen. Im Gutachten vom Mai 2017 stellte das Ingenieurbüro unter anderem fest, dass aufgrund der Strassenbelastung und gefahrenen Geschwindigkeiten der Lärmgrenzwert bei mehreren Liegenschaften an der Rubern- und Sägetstrasse überschritten wird.
Die Temporeduktion im «Fleckenhausen» mit der Rubern-, Säget- und Pilatusstrasse hat der Gemeinderat beschlossen, um auf diesem Streckenabschnitt Gefahren zu entschärfen. Auch das Departement Bau, Verkehr und Umwelt war dafür. «Unter anderem befindet sich die regionale Radroute nach Strengelbach auf diesem Strassenabschnitt», sagt Sägesser und erklärt: «Zudem kann bei acht Liegenschaften der überschrittene Lärmgrenzwert runtergesetzt werden.»
Aus Kostengründen kam aber weder der Einbau von Flüsterbelag oder der Bau von Lärmschutzwänden noch der Einbau von Schallschutzfenstern infrage. «Die Begrenzung der Geschwindigkeit ist die wirksamste Massnahme», betont Sägesser und fährt fort: «Der Strassenlärm kann so um etwa 1,5 Dezibel reduziert werden.» Bei Tempo 30 werde der Verkehr verflüssigt und damit Brems- und Beschleunigungsvorgänge reduziert. Vorerst setzt die Gemeinde auf eine einfache Signalisation ohne bauliche Massnahmen. Drei neue Tempo-30-Eintrittsportale sind aufgestellt. Das bestehende Schild an der Pilatusstrasse wurde versetzt. Dies, weil im Gebiet Hölzli schon seit elf Jahren Tempo 30 herrscht. «Durch die Temporeduktion kann das Strassenlärm-Sanierungsprojekt der Gemeinde umgesetzt werden», sagt Sägesser. Er betont, dass gemäss der eidgenössischen Lärmschutzverordnung bis Ende 2018 Eigentümer immissionsstarker Strassen geeignete Schutzmassnahmen treffen müssen.
Lärmreduktion «um die Hälfte»
Erleichtert zeigt sich ein Anwohner der Rubernstrasse: «Der Lärm hat sich um die Hälfte reduziert.» Endlich könne er bei normaler Lautstärke fernsehen. Den Anwohnern und Fussgängern zuliebe, hofft er, dass das Tempo 30 eingehalten wird, «dann müssen auch grosse Wagen nicht auf das Trottoir fahren, um entgegenkommenden Fahrzeugen auszuweichen – was extrem gefährlich ist». Sein Hoffnungsträger – wie auch derjenige des Gemeinderates – ist, dass die eröffnete Wiggertalstrasse zur Entlastung der Rubernstrasse und des Gebiets Fleckenhausen führt. «Natürlich hoffen wir noch mehr auf die baldige Realisierung der dritten Etappe der Wiggertalstrasse», so Sägesser.