
Aus dem Takt – wieder einmal
Dieses Wochenende stellen wir die Uhren um. Wieder einmal. Weil uns eine Stunde geschenkt wird, gehen wir nonchalant darüber hinweg. Im Frühling freuen sich dann viele, dass die Abende wieder länger werden – da nimmt man es halt hin, dass unsere innere Uhr ins Trudeln gerät. Doch trotz jahrzehntelanger Einübung bleibt die Zeitumstellung für viele helvetische Seelen ein Ärgernis, ein ungesundes dazu. Das fängt schon damit an, dass man sich mit einem Schauern ans Jahr 1981 zurückerinnert. Damals führte der Bundesrat die Zeitumstellung ein, obwohl eine überwältigende Volksmehrheit knapp drei Jahre zuvor davon nichts hatte wissen wollen. Die Argumente für das Zeit-Ping-Pong haben sich inzwischen in Schall und Rauch aufgelöst. Von Energiesparen kann keine Rede sein. Und jedes Jahr verzweifeln unzählige Eltern an ihren Kindern, die partout nicht einsehen wollen, warum sie schon in die Federn sollen, wenn die Sonne noch hoch am Himmel steht.
Jetzt stehen wir also vor dem Rückwärtssalto. In einer EU-weiten Online-Befragung sprachen sich im August 84 Prozent der Teilnehmer für die Abschaffung der Zeitumstellung aus. «Die ewige Sommerzeit wird kommen. Die Menschen wollen, dass wir das machen», kommentierte EU-Kommissionspräsident Jean-Claude Juncker. Für uns hiesse das dann wohl: nachziehen. Ehrlicher wäre gewesen, zu sagen: «Wir wissen schon längst, was die Menschen wollen – wir haben es einfach ignoriert.»
Zeitrhythmen sind für den Menschen fundamental wichtig. Sie stiften Dauer und Ordnung. Sie bringen uns in Einklang mit der Natur; Nächte künstlich zu verkürzen und Tage künstlich zu verlängern – das ist keine wirklich gute Idee. Die «ewige Sommerzeit» wäre deshalb nur ein halbherziger Schritt. Sie hebt den natürlichen Rhythmus von Tag und Nacht einfach auf Dauer aus den Angeln. Wem das etwas bringen soll, ist mir schleierhaft. Manche Dinge sollte man auf sich beruhen lassen – der natürliche Wechsel von Tag und Nacht gehört dazu: Ich bin sicher: Ein paar Monate nach Rückkehr zur Normalzeit würde man sich wundern, welch seltsames Experiment die Sommerzeit doch war.
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