
Der Kürbis übersteht auch den heissesten Sommer – dank spezieller Strategie
Der gute Frühling und der sonnige, trockene Sommer haben bei vielen Bauern zu einer aussergewöhnlich frühen Kürbisernte geführt. Die Kundschaft interessierte das kaum: Wegen des schönen Septembers zieht der Absatz erst jetzt, mit den kühleren Temperaturen, an. Genau rechtzeitig zum Kürbisfestival der Seenger Landwirtin Ursula Siegrist (28). «Eigentlich habe ich immer gesagt, dass ich erst dann ein Kürbisfestival veranstalte, wenn ich meinen ersten tausend Kilogramm schweren Kürbis gezogen habe», witzelt sie (diesjähriger Schweizer Rekord: 790 Kilo). Daraus wurde nichts, auf die Riesenkürbisse hat sie dieses Jahr verzichtet. «Wegen der Wasserknappheit.» Das Festival hat sie dann doch gemacht – vor der familieneigenen Sporthalle mit Pferdepension, Heustock und Event-Räumen. «Damit die Leute erfahren, was wir hier so machen», erlärt Siegrist.
Soweit sie die Ernte überblicken kann, ist Ursula Siegrist sehr zufrieden. «Ein Tipp ist der Bananenkürbis. Er ist weniger hart als die meisten anderen Sorten, weshalb er sich leichter verarbeiten lässt. Und er kann für jedes erdenkliche Rezept verwendet werden», verrät sie.
Jedes Jahr neues Saatgut
Doch die Wasserknappheit hat sich auf die Speisekürbisse ausgewirkt. «Unsere Kürbisse sind alle etwas kleiner als sonst», sagt Jakob Gebhard. Der Möriker verkauft mit seiner Frau jedes Jahr in Wildegg bis zu 80 verschiedene Kürbissorten, die er auf zwei Hektaren Land zieht. «Dieses Jahr war nicht optimal, aber wir haben weniger Einbussen als erwartet», führt er aus. Seine Frau Susanne kümmert sich jeweils um den Verkauf. «Wegen des warmen Herbstanfangs haben wir bisher rund einen Drittel weniger Umsatz gemacht als sonst», sagt sie. Erst jetzt, mit den kühleren Temperaturen der vergangenen Tage, kommen die Leute vermehrt in das grosse Verkaufszelt. Haben sie eine Lieblingssorte? «Wird in einer Zeitung ein Rezept veröffentlicht, wollen danach alle den Kürbis daraus. Aber da wird immer mit den bekanntesten Sorten gekocht, deshalb können wir der Nachfrage problemlos gerecht werden», sagt Susanne Gebhard. Die Ernte wird auch reichen, um am 4. November zum Saisonende wieder ein Kürbiswerfen zu veranstalten. «Ein netter Spass für Familien, bei dem auch noch die unverkäuflichen Kürbisse eine Verwendung bekommen, bevor wir sie entsorgen müssen», sagt Jakob Gebhard. «Inzwischen haben wir sogar ein Kürbiskatapult, das übrigens sehr gut funktioniert. Es könnte noch ein wenig Finetuning gebrauchen, doch fehlt uns jetzt die Zeit für diesen Klamauk.» Ein Tipp zum Anbau? «Die Samen jedes Jahr frisch kaufen. Denn wo mehrere Sorten angepflanzt sind, kreuzen sich diese. Und Mischkürbisse können bitter schmecken».
Kürbisse passen ihre Strategie an
Mit der Ernte sehr zufrieden ist Landwirt Rudolf Waser aus Schafisheim: «Wir haben dieses Jahr weniger, dafür grössere Früchte», berichtet er. «Viele sind durch die Sommerhitze geplatzt oder erlitten einen Sonnenbrand.» Möglich wurden die grossen Kürbisse durch den guten, feuchten Frühling. «Als die Trockenheit kam, haben die Pflanzen dann ihre letzten Blüten abgestossen.» So mussten die Pflanzen die Nährstoffe auf weniger Früchte verteilen. «Mit dem Regen im September haben wir sogar noch einmal Blüten bekommen. Aber die nützen natürlich nichts, dafür kommen sie zu spät.» Der Landwirt hat mittlerweile gut 20 Jahre Erfahrung im Kürbisanbau und pflanzt jedes Jahr auf 60 Aren gegen 30 Sorten. «Dieses Jahr waren die Kürbisse aussergewöhnlich früh reif, weshalb wir bereits viel an Lager haben. Manchmal bin ich noch heute sehr nervös zum Saisonbeginn und frage mich: wird der Hofladen laufen?». Er läuft – seit letztem Samstag gehen die Kürbisse sehr gut weg, bei gleichen Preisen wie letztes Jahr. «Doch es war schon einfacher, denn heute gibt es bedeutend mehr Kürbisbauern als auch schon.»
Ernte? Durchschnittlich bis gut
Wie kommt es, dass die Kürbisse den Sommer so gut überstanden haben? «Der Erfolg einer Kürbiskultur hängt stark von einer optimalen Nährstoff- und Wasserversorgung ab», erklärt Christian Wohler vom Landwirtschaftlichen Zentrum Liebegg. «Der Wasserbedarf von Kürbissen ist eher hoch. Kürbisse können aber längere Trockenperioden ohne Bewässerung überstehen.» Die trockene Witterung habe ausserdem zu einem niedrigeren Krankheitsdruck geführt. Insgesamt hätten die Kürbisse diesen Sommer deshalb gut abreifen können. Erste Rückmeldungen von Produzenten bestätigen den Eindruck: «Bis jetzt kann mit einer durchschnittlichen bis guten Ernte gerechnet werden», sagt Gemüse-Fachmann Christian Wohler.