Ein Plädoyer für den Lokaljournalismus

Fragt man unter Journalisten in Ausbildung nach, in welchem Bereich sie gerne arbeiten würden, dann fallen oft Begriffe wie «Sportjournalismus», «Bundeshausreporter» oder «Reisejournalismus». Eher verpönt ist hingegen der Lokaljournalismus. Bestenfalls diene eine Regionalzeitung als Sprungbrett, um später bei einem richtig grossen Medium durchstarten zu können. Bei einer Lokalzeitung würden jene Journalisten arbeiten, welche es nie über den Tellerrand hinaus geschafft hätten. Doch welche Nachrichten einer nationalen Tageszeitung hat man nicht schon am Tag zuvor als Push-Nachricht auf sein Smartphone erhalten? Würde die nationale und internationale Print-Berichterstattung eines Mediums für einen Tag wegfallen, so würde zwar die Medienvielfalt leiden, dennoch hätte man noch immer unzählige Alternativen, um sich zu informieren. Doch wer berichtet darüber, wenn in Leerau der Pfarrer abgewählt wird, wenn es die Lokalzeitung nicht mehr gibt? Keine Push-Nachricht würde uns am Vortag erreichen. Und doch ist es die internationale Berichterstattung, welche unter den jungen Schreiberlingen zur Champions League des Journalismus gehört. Je mehr man es mit den Promis zu tun hat, desto eher ist man selbst ein VIP, denken viele von ihnen. Doch manchmal ist das Interview mit einem Fahrlehrer aus Zofingen, welcher seinen Beruf seit 47 Jahren ausübt, mindestens so interessant wie eines mit Roger Federer, welcher jede einzelne Frage schon tausendfach beantwortet hat. Jede Persönlichkeit hat mit ihren Geschichten etwas Spannendes zu erzählen, solange sie auch bereit dazu ist. Die Person muss dafür nicht prominent sein. So wie der Journalist nicht zwingend weniger gut sein muss als seine Kollegen aus den nationalen und internationalen Ressorts, nur weil er für eine Lokalzeitung schreibt.