
Scheiterte Pfarrer Mägli an der Einführung der Sonntagsschule?

Es hängen am Montagmittag zwar noch ein paar dunkle Wolken über der Leerauer Kirche. Doch diese sind nicht vergleichbar mit dem Gewitter, welches die Kirchgemeinde am Sonntag erschüttert hatte. David Mägli, der 36-jährige Pfarrer der evangelisch-reformierten Kirche Leerau, wurde überraschend von seinem Amt abgewählt. Auf den ersten Blick sind in Moosleerau kaum Spuren dieses Gewitters sichtbar. Der Durchgangsverkehr fliesst wie gewohnt am Restaurant Sternen vorbei. Auf das Donnern jedes Lastwagens folgt ein Moment der Stille. Sie wisse von nichts, antwortet eine Dorfbewohnerin, welche soeben ihr Auto auf dem Parkplatz eines Mehrfamilienhauses parkiert hat. «Sie meinen den Mägli?», fragt sie ein paar Sekunden später verblüfft. «Der wurde abgewählt? Das ist ja interessant …» Viele der Passanten, welche um diese Zeit den Vorplatz des Dorfladens überqueren, wollen mit der Kirche nichts zu tun haben. «Das ist nicht mein Verein», lacht einer. «Ich bin ausgetreten», erzählt ein anderer Mann. Doch dies sei bereits geschehen, als noch Mäglis Vorgängerin im Amt gewesen sei. «Er soll ein sehr konservativer Pfarrer gewesen sein. Das ist alles, was ich gehört habe.»
Tatsächlich machte Mägli bereits kurz nach seinem Amtsantritt von sich reden, als er in der Gemeinde die Sonntagsschule wiedereinführte, welche die reformierten Dorfkinder parallel zum sonntäglichen Gottesdienst besuchen sollten. Den Kindern sollte so die biblische Geschichte nähergebracht werden. In anderen Kirchgemeinden werden die Kinder häufig im Rahmen von Familienfeiern in die Gottesdienste integriert. Die Sonntagsschule habe als Kind viel dazu beigetragen, dass er Pfarrer geworden sei, sagte Mägli in einem Artikel der Aargauer Zeitung kurz nach seinem Amtsantritt im Jahr 2015. «Damals wurde die Saat ins Herz gesät, heute ist die aufgegangen.» Nun scheint es, dass viele reformierten Leerauerinnen und Leerauer von dieser Ernte nicht begeistert sind.
Gottesdienstbesuch eingefordert
Sie habe zwar nicht an der Wahl teilgenommen, sagt eine Rentnerin, die nicht mit Namen hinstehen will. Doch auch sie will von einem sehr konservativen Kurs des Dorfpfarrers wissen. «Die Kinder mussten in der Sonntagsschule sehr viel auswendig lernen», behauptet sie. «Ich bin der Meinung, dass Kinder aus Freude in die Kirche gehen sollten und nicht, weil sie müssen.» Die Zeiten hätten sich eben geändert und auch die reformierte Kirche dürfe davor die Augen nicht verschliessen. 88 Jahre alt sei sie schon. Und wenn sie in diesem Alter fortschrittlicher denke als ein junger Dorfpfarrer, dann habe das wohl etwas zu bedeuten. Einem anderen Mitglied der Kirchgemeinde ist sauer aufgestossen, dass Pfarrer Mägli ihn und seine Familie in einem Brief aufgefordert hatte, die Gottesdienste zu besuchen. David Mägli und die Kirchenpflege Leerau wollten sich am Montag auf Anfrage noch nicht zur Abwahl und der Kritik am Pfarrer äussern. Da alles sehr überraschend gekommen sei, müsse man zuerst im Rahmen einer kurzfristig einberufenen Sitzung, welche am gestrigen Abend stattfand, das weitere Vorgehen abstimmen.
Die Abwahl Mäglis kommt einer Kündigung gleich. Laut dem Leiter Informationsdienst der Reformierten Kirche Aargau – Frank Worbs – erlischt am 31. Dezember 2018 zum Ende der laufenden vierjährigen Amtszeit das Anstellungsverhältnis des abgewählten Pfarrers automatisch. Vorausgesetzt natürlich, dass niemand eine Wahlbeschwerde deponiert und die Abwahl rechtskräftig wird. Eigentlich müsste Mägli also das Pfarrhaus Ende 2018 verlassen. Natürlich könne der Pfarrer mit der Kirchgemeinde auch einen weiteren Verbleib im Pfarrhaus vereinbaren, so Worbs. Dann müsse er aber eine Miete bezahlen.