Informatiklehrling aus Uffikon verlegt seinen Arbeitsplatz für drei Wochen nach Shanghai

Uffikon und Shanghai sind zwei Wohnorte, deren Kontrast kaum grösser sein könnte. 700 und 24 Millionen Einwohner. Westen und Osten. Getreidesilo und Hochhaus. In binären Zahlen ausgedrückt: 0 und 1. Oder 1 und 0.

Der Informatiklernende Thomas Gassmann bewegt sich schon bald in diesen zwei Welten. Der 18-Jährige aus Uffikon fliegt in acht Tagen nach Shanghai, um dort für drei Wochen zu arbeiten. «Ich glaube, ich werde keinen Kulturschock haben», sagt er im Büro seines Lehrbetriebs, der novaCapta Software & Consulting Schweiz AG in Sursee. «Ich bin einfach gespannt, was da auf mich zukommt.» So klingt ein schüchterner Junge, der die Welt entdecken will. Damit er keinen Kulturschock haben wird, hat er die Stadt bereits gegoogelt und ein paar Wörter Chinesisch gelernt.

China imponiert ihm
Wieso aber geht ein 18-Jähriger nach Shanghai, um dort zu arbeiten? Thomas Gassmann hat in der Berufsschule vom Pilotprojekt «Shanghai ICT Projektwochen» des Mittelschul- und Berufsbildungsamts des Kantons Zürich erfahren, an dem sich die Kantone Schaffhausen, Zug und Luzern beteiligen. Gassmann war sofort begeistert von der Idee; ist doch China eines der innovativsten Länder in der Informatikbranche. Das Land imponiert ihm – kulturell und vor allem technologisch. «China ist ein technisches Paralleluniversum. Die meisten Apps, die wir im Westen brauchen, sind in China blockiert. Aber es gibt gute Alternativen», sagt Gassmann.

Der 18-Jährige musste sich für das Programm regulär mit einem Lebenslauf und einem Motivationsschreiben in Englisch bewerben. Auf Basis der Einsendungen, der Schulnoten und eines Bewerbungsgesprächs wurden 27 Bewerber ausgewählt. Sechs davon aus dem Kanton Luzern. Einer aus Uffikon. Gassmanns Lehrfirma war begeistert: «Wir hatten grosse Freude, dass unser Lernender diesen Austausch machen kann», sagte Heinz Süess, Geschäftsführer der novaCapta Software & Consulting Schweiz AG. Das deutsche Unternehmen hat letztes Jahr in die Schweiz expandiert und die Firma ARGUSNET AG, bei der Gassmann die Lehre begonnen hat, aufgekauft. Das Unternehmen übernimmt einen Drittel der Kosten, die für den Lernenden anfallen, für den Rest kommt die Stiftung Movetia auf.

Er will die Cyber-RS absolvieren
Im Laufe des letzten Halbjahres konnte Gassmann in der Folge ein Unternehmen beziehungsweise ein Projekt auswählen, an dem er sich in Shanghai beteiligen will. Die Wahl fiel auf den Spieleentwickler Ubisoft-Shanghai. Er wird dort an einem Projekt für den automatischen Qualitätscheck von Daten arbeiten.

In den vergangenen Wochen hat er nun noch Visa und Dokumente organisiert. Gassmann hat mittlerweile auch die Wochenpläne erhalten. Er wird fünf Tage die Woche bei Ubisoft arbeiten. Abends und an den Wochenenden sind Ausflüge geplant. Am zweiten Wochenende steht beispielsweise ein Ausflug an den West Lake, der im südlichen Hangzhou liegt, auf dem Programm. Übernachten werden die Lernenden in einem Hotel auf dem Universitätscampus, wo ihnen auch Chinesisch unterrichtet wird.

Thomas Gassmann sitzt auch in seiner Freizeit viel vor dem Computer. Er probiert neue Programme aus und tüftelt an deren Abläufe. «Mir macht das Programmieren Spass. In diesem Bereich entwickelt sich alles so schnell, dass es einem nie langweilig wird.» Einmalig wird für ihn die Reise nach China vielleicht gar nicht sein. Er kann sich gut vorstellen, dort künftig für eine längere Zeit zu arbeiten und zu leben. Zuerst schliesst er nächsten Sommer aber seine Lehre ab. Anschliessend gehts in die Rekrutenschule. Er hofft, dass er dort die sogenannte Cyber-RS absolvieren kann, um die Schweiz vor Hackern zu schützen.