An dieser preisgekrönten Harley wurde 2000 Stunden gewerkelt

Massig steht sie da, die orange Harley-Davidson Softail, Jahrgang 1994. Das Hinterrad fast so breit wie das eines Camions. Lenker und Stossstange glänzen. Der Besitzer hat auf seinem Töff Platz genommen und strahlt.

Die Harley befindet sich in der Garage von Christoph Stirnimann (43) in Beinwil am See und ist preisgekrönt. An der «Swiss Moto» Anfang Jahr hat sie bei der Swiss Custom Show, einer Tuning-Show, den dritten Platz erreicht. «Eigentlich habe ich mich nur aus Jux angemeldet», sagt er heute. Auf die Idee wäre er gar nicht gekommen. Aber nachdem er und Marco Brun aus Reinach während acht Jahren an der Maschine getüftelt hätten, habe ihm ein Freund geraten, die Maschine doch an einer Show vorzuführen. «Da nehmen Profis der Custom-Bike-Szene aus aller Welt teil», erklärt der zweifache Familienvater. 2000 Arbeitsstunden stecken in Stirnimanns Harley – Profis hätten dafür einen Viertel weniger lang gebraucht, ist sich Stirnimann sicher. Beim Umbau war Freund Brun, der eine Autogarage führt, für das Technische zuständig, Stirnimann für das Design. «Und meine Frau für die Finanzen», erzählt der Töff-Fan.

Vom Töff-Fahrer zum Töff-Tuner
Zum Hobby «Töff umbauen» ist Christoph Stirnimann eher durch Zufall gekommen. Früher war er leidenschaftlicher Motorradfahrer. «Als dann die Kinder auf die Welt kamen, habe ich meine Honda CBR verkauft», sagt Stirnimann. Zu gefährlich sei es auf so einer schnellen Maschine. Danach habe er sich etwas Gemütlicheres gesucht – und im Internet gefunden. Das Gefährt war immer fahrtüchtig: «Ich bin den Töff in der Nähe von Zürich abholen gegangen, bin einmal über die Wandfluh gefahren und habe ihn dann in Reinach in die Garage gestellt.» Wer jetzt denkt, Stirnimann habe fortan seine Freizeit mit TöffSchrauben anstatt mit der Familie verbracht, der ist weit gefehlt. Nur während der Wintermonate habe er sich mit Marco Brun einen Abend pro Woche getroffen, um an der Maschine zu arbeiten.

Schon bevor die beiden Freunde angefangen hatten, an der Maschine zu arbeiten, wusste Stirnimann genau, wie der Töff einmal aussehen sollte. Die Ideen holte er sich in verschiedenen Motorradheften. «Für mich war von Anfang an klar, dass die Harley nicht schwarz sein soll», sagt der in Kriens aufgewachsene Stirnimann. Dass sie nun hauptsächlich orange ist, freut besonders Stirnimanns Frau Maja: «Es ist ihre Lieblingsfarbe.» Die Airbrush-Lackierung und die 330er-Bereifung ist denn auch das, was dem Besitzer an seiner Maschine am besten gefallen.

Nicht nur fürs Auge
Seit die Harley fertig gebaut ist, dient sie nicht etwa nur zum Anschauen. Stirnimann fährt regelmässig mit der massigen Maschine aus – aber nur bei schönem Wetter. Sogar in die Ferien nach Südfrankreich kommt sie mit. «Da müssen wir sie jeweils schon gut abschliessen», gibt Stirnimann zu. Aber auch in der Schweiz sorgt er mit dem Töff für Aufmerksamkeit. Wenn er nach einer Ausfahrt in eine Beiz einkehrt, begutachten oftmals die Besucher seine orangefarbene Harley. Ein bisschen stolz sei er dann jeweils schon, sagt Stirnimann.

Das Wettkampffieber hat den gelernten Möbelschreiner, der mit seiner Frau seit über 10 Jahren eine Schreinerei und ein Geschäft für Bodenbeläge und Beschattungen in Reinach führt, jedoch nicht . «Der Aufwand dafür ist viel zu gross», sagt er. Wenn er nur schon an die Stunden denke, die er fürs Putzen der Maschine vor dem Wettbewerb investiert habe. Zudem sei der ganze Umbau eine Doktorarbeit. «Bis man weiss, was in der Schweiz erlaubt ist und was nicht, muss man viel lesen.» Schliesslich wolle man ja dann mit dem besonderen Töff auch auf die Strasse gelassen werden. Langweilig wird Stirnimann aber nicht. Nebst Fussball bei den Senioren des FCs Beinwil am See, dem Kitesurfen, Motorradfahren und der Familie steht schon das nächste Projekt an: «Jetzt bauen wir das Motorrad von meinem Freund um.»