
Er lauerte in der Bahnhofunterführung – Sieben Jahre Haft für Sexualstraftäter
«Die Geschädigte musste das erleben, wovor sich jede Frau fürchtet», hält der leitende Staatsanwalt Simon Burger gleich zu Beginn seines Plädoyers fest. Und auch der Anwalt des Angeklagten sagt: «Es ist etwas vom Schlimmsten, was einer jungen Frau geschehen kann.» Der Angriff, der Gegenstand der Verhandlung vor dem Bezirksgericht Zofingen war, geschieht in der Nacht vom 22. Juni 2017. Es ist kurz nach Mitternacht, als eine junge Frau in Rothrist aus dem Zug steigt. Sie kommt gerade aus den Ferien zurück. Als Letzte verlässt sie die Bahn, nimmt die Unterführung, um zur Hauptstrasse zu gelangen. Beim Treppenaufgang zur Hauptstrasse hält sie kurz an, um ihren Koffer hochzutragen. In der Mitte der Treppe packt sie plötzlich jemand von hinten und hält ihr die Augen zu. Später wird die junge Frau bei der Polizei aussagen, sie habe gedacht, es sei jemand, den sie kenne. Doch schnell realisiert sie, es handelt sich nicht um einen Spass.
Mit Japanmesser bedroht
Ihr Angreifer hält ihr nun mit einer Hand den Mund zu, so fest, dass sie kaum atmen kann. Mit der anderen Hand presst er ein Japanmesser gegen ihren Hals. Die Frau versucht sich zu wehren, schreit nach Hilfe. «Wenn du schreist, schlitze ich dir die Kehle auf», droht der Mann. Mit dem Messer am Hals zwingt er sein Opfer zurück in die Unterführung. Beim Aufgang zum Gleis 4 händigt ihm die jungen Frau sämtliches Bargeld aus, das sie bei sich trägt. Sie bietet ihm auch ihre Markenhandtasche an. Das Geld steckt der 54-Jährige ein, doch sein Motiv für den Angriff ist ein anderes. Zwar kann er sein Opfer nicht vergewaltigen, weil er seit längerem an Erektionsstörungen leidet, aber er zwingt die junge Frau, ihre Handtasche auszuleeren. «Ich hoffte, darin einen Vibrator zu finden, damit sie sich vor meinen Augen selbst befriedigen kann», erklärt der Mann aus der Region. Als er nicht findet, was er sucht, zwingt er sie auf die Knie, zieht ihr die Hosen aus. Zuerst dringt der Täter mit zwei Fingern anal bei seinem Opfer ein, dann schnappt er sich eine Haarbürste, welche er in der Handtasche findet. Mit dem Stiel der Bürste stösst er mehrmals und mit voller Kraft in ihren Anus. Dass sein Opfer dabei vor Schmerzen aufschreit und blutet, will der Grieche nicht bemerkt haben. «Ich hatte nicht das Gefühl, dass es ihr grosse Schmerzen verursacht», sagt er vor Gericht. Er sei eher davon ausgegangen, dass es ihr gefallen habe. Weil ihn die Hand schmerzt, mit welcher er die Bürste hält, lässt er von seinem Tatwerkzeug ab. Schliesslich verlangt er vom Opfer, ihn oral zu befriedigen, und drückt ihr sein entblösstes Glied ins Gesicht. Als sich die junge Frau erneut wehrt, lässt der Angreifer von ihr ab und flieht.
Gut zwei Wochen nach der Tat kann der 54-Jährige dank DNA-Spuren, die unter den Fingernägeln des Opfers sichergestellt werden, verhaftet werden. In den ersten Einvernahmen sagt der Täter aus, das Ganze sei vom Opfer aus gegangen und sie habe alles ohne Widerstand mitgemacht. Später relativiert er diese Aussage, anerkennt, dass das Opfer wohl aus Angst gefügig war. Während der Gerichtsverhandlung lässt er aber immer wieder durchblicken, dass er glaubt, sein Opfer hatte Spass an den Misshandlungen. So behauptet er etwa, sie habe ihn freiwillig oral befriedigt. «Ich habe sie nicht gedrängt, sie hat es einfach getan», erklärt er.
Staatsanwalt Simon Burger betitelt diese Aussagen als völlig absurd. Er sprach denn auch von einem besonders brutalen Vorgehen und prangerte die fehlende Einsicht und Reue des Täters an. Der Täter selbst bestritt vor Gericht vehement, ein Messer benutzt zu haben. Auch das Geld der jungen Frau habe er nicht eingesteckt, sondern am Tatort zurückgelassen. Ein Raub könne ihm somit nicht zur Last gelegt werden. Die sexuelle Nötigung sei zudem nicht grausam gewesen. Er habe seinem Opfer keine besonderen Qualen aufgenötigt. Das Bezirksgericht sieht dies anders. In seiner Urteilsbegründung erachtet das Gericht das Vorgehen des Mannes als besonders grausam. Er habe unnötige Gewalt angewendet und für das Opfer demütigende Handlungen ausgeführt. Das Bezirksgericht spricht den Mann der qualifizierten sexuellen Nötigung sowie des Raubes für schuldig. Es verurteilt ihn zu einer Freiheitsstrafe von sieben Jahren. Zudem wird gegen den Griechen ein Landesverweis von 10 Jahren ausgesprochen. Dem Opfer, das beim Prozess anwesend war, hat der Verurteilte einen Schadenersatz von rund 5000 Franken sowie eine Genugtuung von 15 000 Franken zu bezahlen.