
Vor 30 Jahren von Oftringen nach Colorado ausgewandert: «Vermisse Schoggi und Rivella»


Um 6 Uhr in der Früh beginnt Monika Courtneys Arbeitstag. Sie steht auf und kommt ein erstes Mal mit ihrer alten Heimat in Kontakt. Sie trinkt nämlich nur Kaffee aus ihrer Jura-Kaffeemaschine. Danach gehts zur Fütterung ihrer 180 Tiere. Ein Mehrstunden-Job. Nach dem Stallausmisten werden ihre sieben Pferde auf die Weide gelassen und die sechs Hunde ausgeführt. Courtney lebt auf einer Ranch in Buena Vista im US-Bundesstaat Colorado. Geboren ist sie 1966 in Oftringen, 23 Jahre später wanderte sie in die USA aus.
«Wir hatten ein paar kleinere Tiere auf unserem Hof am Schwarzhaar und mein Vater nahm an Kleintierschauen teil», erinnert sich Monika Courtney an ihre Jugend in Oftringen. Sie machte bei Siegfried in Zofingen ihre kaufmännische Ausbildung und arbeitete danach mehrere Jahre als kaufmännische Angestellte in verschiedenen Unternehmen in der Schweiz. 1987 entschied sie sich für eine Au-pair-Stelle bei einer Familie in Colorado. «Ich wollte die Gegend kennenlernen und Abenteuer erleben.» Ein Jahr blieb sie dort. Dann wechselte sie für ein weiteres Jahr zu einer Familie in Charlotte (North Carolina). «Aber ich hatte noch lange nicht genug von diesem Land», sagt Monika Courtney weiter. Bei einem Aufenthalt in Daytona Beach, Florida, lernte sie ihren Mann Tim kennen. «Für mich war klar, dass ich in diesem Land bleiben und mit ihm eine Familie gründen möchte.» Zuerst zog das Paar in ein Haus in der Stadt Evergreen in Colorado, 30 Minuten von Denver entfernt. «Doch das war uns zu abgelegen.» Sie wohnten in einem Haus im Wald in der Nähe der Rocky Mountains zusammen mit Pumas, Bären und Kojoten. «Meine beiden Kinder Sarah und Kevin waren gerade mal zwei und vier Jahre alt und es war sehr einsam in den Bergen», erzählt Courtney. Deswegen hat sich die Familie dazu entschieden, nach einem neuen Zuhause zu suchen.
Neue Wasserleitungen waren nötig
«In der Nähe von Buena Vista gingen wir mit den Kindern immer zelten. Die Gegend gefiel uns sehr.» Sie fuhren also dem Highway entlang und sahen in der Ferne eine verlassene alte Ranch. «Wir haben uns sofort in sie verliebt.» Ihre Vision war es, diese wieder aufzubauen und dort einen Gnadenhof zu errichten. «Da die Farm sehr alt war, hatten wir viel zu tun», erzählt Monika Courtney. «Wir mussten die Wasserleitungen komplett auswechseln.»
180 gerettete Tiere
Heute lebt die 52-jährige Oftringerin mit ihrem Mann Tim und den inzwischen erwachsenen Kindern auf der Ranch zusammen mit 180 Tieren. «Viele davon habe ich von verwahrlosten Ranches gerettet.»
Ein Beispiel ist der Mustang Torch. «Er stammt aus einer grossen Wildpferde-Ranch mit über 900 Tieren. Die Pferde waren verwahrlost und halb verhungert», erzählt Monika Courtney. «Torch war noch ein Fohlen, als er zu uns kam.»
Ein weiterer Fall, den Monika Courtney naheging, war Dakota. «Auch er ist ein Mustang und wurde als Fohlen zusammen mit seiner Mutter in Arizona eingefangen. Die Stuten wurden mit dem Transporter nach Mexiko geschickt.» Viele Mustangs werden in Amerika illegal eingefangen und über die Grenze gefahren, um sie dort zu schlachten. «Dakota wurde gerettet und zu uns gebracht. Aber er war extrem ängstlich», erinnert sich Monika Courtney. «Ich brauchte ein Jahr, damit er sich an mich gewöhnte. Tagelang sass ich jeweils am Abend mit einem Buch in seiner Box und las ihm vor, bis er mir vertraute.»
Neben Pferden und Hunden leben auch 145 Hühner auf der Ranch. «Das gibt viel zu tun. Den Stall ausmisten, die Eier einsammeln, füttern.» Ein Fulltime-Job. «Wir verkaufen die Eier auf unserer Ranch. Für 5 Dollar das 12er-Pack.»
Die Weite und die Wildnis ihrer neuen Heimat faszinieren sie. «Es ist alles riesig hier. Aber ich vermisse den Regen», sagt sie. Die Sommer in Colorado seien hart. Diesen Sommer hat es noch nicht geregnet und die Waldbrandgefahr sei gross. «Irgendwann werde ich nach Oftringen zurückkommen», sagt Monika Courtney, «denn ich vermisse das gute Brot, die Migros-Schoggi und Rivella.»

