«BiWo Langnau»: Die Ferien lassen sie sich nicht nehmen

Haupthaus und Atelierwerkstatt des BiWo Langnau. Bild: mma
Haupthaus und Atelierwerkstatt des BiWo Langnau. Bild: mma
Im Atelier stellen Bewohner zum Beispiel Bienenhotels her. Bild: mma
Im Atelier stellen Bewohner zum Beispiel Bienenhotels her. Bild: mma

Freitagabend in einem stattlichen Wohnhaus im Feld 1 zwischen Langnau und Reiden: Entspannte Atmosphäre herrscht bei Arbeitsschluss in der therapeutischen Wohngemeinschaft Bildung und Wohnen Langnau, kurz BiWo. Sie wird noch Wochen anhalten – denn nun stehen die Betriebsferien auf dem Programm.

Betriebsferien im BiWo Langnau heisst keineswegs, dass die therapeutische Wohngemeinschaft ihre Pforten schliesst. Nein, nur die Arbeitgeber der 20 Menschen, die hier wohnen, pausieren: Das AZB in Strengelbach hat bereits geschlossen, das Brändi in Sursee folgt nun, ebenso die hauseigene Werkstatt.

Stadtbummel in Zofingen steht auf dem Programm

«Die Ferien sind eine wichtige Zeit für die Menschen im BiWo», sagt David Fischer, welcher zu Beginn des Jahres die Leitung des Wohnheims übernommen hat. In den kommenden beiden Wochen werden Aktivitäten und Ausflüge angeboten. Den Anfang macht ein Stadtbummel in Zofingen mit gemeinsamer Einkehr, welcher wetterbedingt durch einen Kegelabend ersetzt wird. Es folgen Stand-Up-Paddeln, ein Schlossbesuch, ein Abend bei der Kneipp-Grillstelle in Dagmersellen, ein Besuch des Open-Air-Kinos. «Ausserdem machen wir eine Schiffsreise auf dem Vierwaldstättersee, sagt Monika Trachsel, die eben etwas im Bistro des BiWo erledigt. Sie wohne nun schon seit elf Jahren hier, erzählt sie und findet: «Es ist schön hier.» Besonders freut sich Monika Trachsel auf die gemeinsamen Ferien mit den andern Bewohnern und dem Team des BiWo in einem Hotel auf der Lenk. «Dort gibt es ein Hallenbad», sagt sie, «und ich schwimme wahnsinnig gern.»

Auf Jubiläumsfeier muss verzichtet werden

Das gemeinschaftliche Leben im BiWo war durch die Pandemie beeinträchtigt. «Wir mussten vieles herunterfahren», sagt David Fischer. Der gemeinschaftliche und soziale Kontakt musste reduziert werden und Gruppenangebote konnten nicht stattfinden. Corona zum Opfer gefallen ist auch das 20-Jahr-Jubiläum des BiWo. «Eigentlich wollten wir das gross feiern», sagt Fischer. «Jetzt warten wir eben auf unser 25-jährige Bestehen und machen dann ein umso grösseres Fest. Wir dachten lange auch, dass wir auch die Ferien absagen müssen, nachdem wir schon im letzten Sommer nicht gehen konnten», sagt Fischer. Doch dann sei man zum Schluss gekommen, dass die fünf Tage im Hotel ein zu wichtiger Impuls für die WG-Bewohner sind. Um in einer schönen Umgebung in Gemeinschaft Abstand vom Alltag zu gewinnen und neue Kraft zu tanken. Schliesslich sei es ja das Ziel, mit den Menschen, die teilweise seit längerer Zeit psychisch krank sind, Strategien zu entwickeln, die es ihnen ermöglichen, wieder an einem «normalen» Leben teilnehmen und somit das eigene Leben aktiv gestalten zu können.

Der Therapieansatz im BiWo ist ressourcenorientiert. Fischer erklärt: «Oft sind die Menschen im bisherigen Leben mit jenen Sachen konfrontiert worden, die nicht so gut funktioniert haben.» Statt der ständigen Konfrontation mit Defiziten versucht man im BiWo die Stärken der Bewohner zu erkennen und diese weiterzuentwickeln. Zu Hause in Langnau oder aber eben für eine Woche auf der Lenk.

20 WG-Zimmer im Feld und an der Wigger

Das BiWo Langnau ist eine therapeutische Wohngemeinschaft, die 2001 durch die private Initiative der Psychatrie­pflegefachfrau und Psychologin Marlies Koch entstanden ist. Ziel ist es, Menschen mit einer psychischen Erkrankung die Wiedereingliederung in die Gesellschaft zu ermöglichen. BiWo bedeutet Bildung und Wohnen. Mit Bildung ist jede Art von Bildung gemeint, alles was dazu beiträgt, die sozialen Kompetenzen zu verbessern und das Selbstvertrauen zu stärken.

Auf der Liegenschaft Feld stehen zwölf WG-Zimmer in vier Wohnungen zur Verfügung, eine Wohnung dient zusätzlich dem Gemeinschaftsleben. Dazu gibt es ein Bistro sowie Umschwung mit Haustieren. In einer Werkstatt werden Deko-Gegenstände und Bienenhotels gefertigt, sowie industrielle Aufträge für Kunden erledigt. An der Wigger gegen Reiden zu ist ausserdem eine Aussenwohngruppe untergebracht. Platz finden weitere vier Personen, die gerne etwas selbstständiger wohnen und einzelne Dienstleistungen des BiWo in Anspruch nehmen. In Langnau gibt es ausserdem vier Wohnungen für Menschen, die Assistenz durch das BiWo erfahren.

Für diese 20 Bewohner und die Assistenz sind acht Mitarbeitende in der Betreuung tätig, zwei weitere übernehmen Küche und Reinigung. Ein Team von fünf Frauen übernimmt die Nachtwachen – im BiWo ist immer jemand auf Pikett. Trägerschaft der WG ist der gleichnamige Verein, welcher einen fünfköpfigen Vorstand hat. (mma)