
erzo-Delegiertenversammlung: Abgespeckt und sachkompetenter

KOMMENTAR
Das Tafelsilber mit Gewinn nutzen
Entsorgung Region Zofingen. Der Name erinnert an eine Zeit, in der Kehricht aus den Augen aus dem Sinn dem KVA-Ofen zugeführt wurde. Der Name Ofen sagt es: Es wird inzwischen nicht nur Abfall umweltgerecht beseitigt, sondern auch elektrischer Strom, geldwerte Wärme, produziert. Entsprechend dem Biomasseanteil im Kehricht gelten 50 Prozent der Energie als erneuerbar – in Oftringen noch höher. Super – nur dürfte es in diesem Markt in den nächsten Jahren zu regionalen Überkapazitäten kommen. Investitionen in gealterte Anlagen wie jene in Oftringen – rechnen sich diese? E Ob Spital, Kantonalbank oder Energieversorgung – es gilt, Tafelsilber im Eigentum des Volks professionell und gewinnbringend zu verwalten und zu nutzen – dazu gehört auch der Ast der Entsorgung. Julius Fischer und sein Team haben – ohne im Detail über das neu eingeforderte Fachwissen zu verfügen – punkto ARA gute und wichtige Vorentscheide getroffen. Muss ein Politiker, eine Politikerin Detailwissen bis zur letzten Büroklammer haben? Sie oder er müssen die richtigen Fragen stellen – aus ihrer Sicht gute Antworten erkennen und auf deren Basis mehrheitsfähige Lösungen suchen und zum Durchbruch verhelfen. Gesunder Menschenverstand ist weiterhin wichtig und gefragt– muss
Der neue Erzo-Vorstand setzt sich aus Politikern, insbesondere aber auch aus Experten diverser Fachrichtungen zusammen. Das war für die Abgeordneten eine Vorgabe, welche sich aus der neuen Eigentümer- und -Unternehmensstrategie der regionalen Entsorgerin ergibt. Die Abgeordnetenversammlung hat ebenfalls eine grundlegende Veränderung erfahren – grosse Gemeinden stellen nicht mehrere Delegierte pro Bereich, sondern eine Person verfügt nun über die entsprechende Anzahl Stimmen. So ist der Zofinger Stadtrat und «Umweltminister» Peter Siegrist mit je fünf Stimmen für die ARA und die KVA zuständig – und stimmt auch in Fragen rund um die Kadaversammelstelle ab. Bei Wahlen hat jede Mitgliedsgemeinde eine Stimme. Neun qualifizierte Leute wollten einen der sieben Vorstandssitze. Gewählt wurden:
– Bruno Aecherli aus Reiden. Er ist Gemeinderat, aber auch Bankfachmann und somit Experte für den Bereich Finanzen.
– Ralph Ehrismann aus Rothrist ist als Gemeindeammann Politiker – zudem Maschineningenieur und Softwarefachmann mit Doktortitel.
– Hans-Martin Plüss, Vizeammann in Zofingen, ist als Fürsprecher beim Kanton Aargau, ein Top-Jurist in Bau- und Umweltfragen.
– Hanspeter Schläfli ist vollamtlicher Gemeindeammann in Oftringen und bringt die Standortgemeinde ein.
– Heinz Habegger lebt in Hilterfingen (BE) und war viele Jahre Chef Wasser und Abfall seines Kantons. Er ist heute in der Privatwirtschaft tätig und in vielen nationalen Gremien seines Fachs vernetzt.
– Dies gilt auch für Thomas Peyer aus Strengelbach – Fachmann für umweltverträgliche Abfallwirtschaft und Leiter Energiedienstleistungen bei der Swisspower AG.
– Als einziges Mitglied des alten Vorstands kandidierte Hans-Jürg Koch erneut, und der Rothrister wurde glanzvoll wiedergewählt – er soll für Kontinuität sorgen.
Wahl des Präsidenten
Dann die Wahl des Präsidenten: Einziger Kandidat war Hanspeter Schläfli. Gleich viele Stimmen entfielen auf Hans-Martin Plüss sowie zusätzliche auf andere Vorstandsmitglieder. Plüss verzichtete, und Schläfli wurde gewählt.
Sachgeschäfte – die gab es an der Abgeordnetenversammlung auch. So wurden 4,5 Millionen Franken für die Elektrotechnik- und Regelungsinfrastruktur der Abwasserreinigungsanlage (ARA) gesprochen. Dazu Käthi Hagmann, welche ihr letztes Geschäft als Vorstandsmitglied zu vertreten hatte: «Die Anlagen sind 20 Jahre alt und ein Teilersatz macht technologisch keinen Sinn.» Bei dieser Investition gehe es auch um unser aller Sicherheit: «6,5 Millionen Kubikmeter Wasser pro Jahr müssen problemlos gereinigt werden können.» Die Rechnungen 2017 der Erzo: Die Entsorgerin war unter dem Strich auf Kurs, wie René Küng, Leiter Finanzen der Stadt Zofingen, für die Kontrollstelle bestätigte.
Kompetenzzentrum Klärschlamm heisst das Ziel
Die eher seltene Kombination von Kehrichtverbrennungs- und Abwasserreinigungsanlage ermöglicht es der Erzo, mit Abwärme Klärschlamm kostengünstig und ökologisch sinnvoll zu verbrennen – dies insbesondere auch für andere ARA. Der dafür benötige Drehofen wurde 2017 mit insgesamt 7764 Tonnen Schlamm «gefüttert» – von denen 5812 Tonnen aus anderen Anlagen angeliefert wurden. Schlamm ist bei den genannten Mengenangaben eigentlich kein korrekter Begriff: Erzo-Geschäftsführer Jacques Hartmann hat die Tonnagen für die Statistik auf Trockensubstanz umgerechnet – zu unterschiedlich ist der Wassergehalt der angelieferten Schlämme.
Was wird aus dem Geschäftsmodell, falls es die KVA dereinst nicht mehr geben könnte? Laut ihrer Unternehmensstrategie betreibt die Erzo «ihre Kehrichtverwertungsanlage weiter, solange dies ökonomisch und ökologisch sinnvoll bleibt. Für ihre Verbandsgemeinden wird die Erzo die Abfallentsorgung weiterhin sicherstellen.»
Auch wenn die KVA wegfällt: die Entsorgung Region Zofingen (Erzo) soll zu einem Kompetenzzentrum für Klär-Schlamm werden. Diese Idee stösst schweizweit auf grosses Interesse.
Anlässlich einer zweitägigen Veranstaltung im Mai informierten die Verantwortlichen der Erzo Vertreter von 27 Kläranlagen zur geplanten Neuausrichtung des Verbandes.
Wichtig in diesem Zusammenhang: 2026 müssen neue gesetzliche Anforderungen zur Phosphorrückgewinnung aus Klärschlamm umgesetzt sein. Die thermische Behandlung in einem sogenannten Wirbelschichtofen – einen solchen fasst die Erzo als Investition ins Auge – ist eine Vorstufe und Vorbereitung für die Phosphorrückgewinnung – davon wurden die Teilnehmenden der Informationsveranstaltungen überzeugt, heisst es in einer Mitteilung.
Erzo-Modell stösst auf Interesse
«In der Diskussion mit den Anlagevertretern» – so die Medienmitteilung – «konnte das grosse Interesse der ARA-Betreiber an einer gemeinsamen Lösung festgestellt werden.» In einer gemeinsamen Erklärung steht, «dass die ARA’s als Anlieferer von Klärschlamm auch Einsitz in die Betriebsgesellschaft des neuen Wirbelschichtofens nehmen.»
In einem nächsten Schritt sollen die Erkenntnisse aus den Informationsveranstaltungen, aber auch die Bedürfnisse und Anforderungen der ARA-Betreiber in das zukünftige Geschäftsmodell integriert werden. Im Herbst will man an einer weiteren Veranstaltung das Geschäftsmodell diskutieren und auf die diversen Bedürfnisse anpassen.
Die Erzo sei sich bewusst, dass neben technischen und finanziellen Aspekten, die Themen Umwelt und Verkehr von grosser Bedeutung sind. Diese Themen würden ebenfalls umfassend abgeklärt und beurteilt. Zudem werde die Erzo der Forderung eines zentralen Leitsatzes aus der überregionalen Energieplanung von Zofingenregio nachleben: Die Erzo-Parzelle wird langfristig als Standort zur Energieproduktion erhalten und die Abgabe von Wärme an ihre Kunden sicherstellen.