Sommerzeit: Mehr Lebensqualität oder überflüssiger Stress?

«Die Sommerzeit hat dem Land den Zauber mediterraner Nonchalance verliehen», sagt Philippe Pfister

Ich war gerade 15, als das Gezänk um die Sommerzeit losging. Die Debatte stellte sozusagen eine Lektion in Staatskundeunterricht dar: Das Volk lässt sich nicht alles aus Bern gefallen und macht den Chabis mit der Stunde vor und wieder zurück im Fall nicht mit, hiess es in meinem Umfeld. Das war 1978. Ich fand es erst schade und später grossartig, als die Sommerzeit zwei Jahre später angeblich wider den Volkswillen doch noch eingeführt wurde. Was gern vergessen wird: Wäre der Volkszorn wirklich so gross gewesen, wäre zweite Referendum locker zustande gekommen. Kam es aber nicht. Die Kühe fielen auch nicht ins Koma und auch sonst hat die Sommerzeit nicht viel geschadet, aber zugegebenermassen auch nicht viel genützt. Ausser, dass wir abends eine Stunde länger auf der Terrasse in die Sonne blinzeln können. Ein kleines, aber feines Stück Lebensqualität. Die EU macht jetzt den Rückwärtssalto und hat die Abschaffung aufgegleist. Ich hoffe, unser Land bleibt ein Bollwerk wider den spiessigen Geist aus Brüssel. Die Sommerzeit hat dem Land den Zauber mediterraner Nonchalance verliehen – wir konnten es brauchen.

 

«Die Sommerzeit ist eine überflüssige Erfindung», ist Oliver Schweizer überzeugt

Was die Sommerzeit eigentlich genau soll, habe ich schon als Kind nicht richtig begriffen. Als die Schweiz 1981 beschloss, nicht länger das halbe Jahr lang eine sogenannte «Zeitinsel» in Europa zu bilden und die Sommerzeit einführte, war ich acht Jahre alt. Dass die Uhr nach der Umstellung erst acht sieben anzeigte, wenn die Sonne unterging, nützte mir wenig. Im Gegenteil: Da ich – Sommerzeit hin oder her – um acht in die Federn musste, lag ich schon Ende April bei strahlendem Sonnenschein im Bett und ärgerte mich.

Heute darf ich später ins Bett und freue mich ab und zu, dass nach der Arbeit noch viel Zeit bleibt, die Sonne zu geniessen. Das ändert aber nichts daran, dass die Sommerzeit eine ziemlich überflüssige Erfindung ist: Würden wir einfach im warmen Halbjahr eine Stunde früher mit der Arbeit beginnen und eine Stunde früher damit aufhören, dann bliebe uns nach der Arbeit genau gleich viel Sonnenzeit – auch ohne Sommerzeit! Dafür wären wir die lästige Verwirrung im Hirn und die Störungen des Schlaf-Wach-Rhythmus’, die die Umstellungen jeweils begleiten, endgültig los.