Handelsgericht hat im «Farmer»-Stängel-Streit entschieden: Coop hat bei Migros abgekupfert

Aus Rivella wird Mivella, aus Dar-Vida Blévita, aus Aromat Mirador und aus Ovomaltine Eimalzin. Die Migros hat das Kopieren perfektioniert. Ausgerechnet die Migros gefällt sich nun aber in der Rolle als Klägerin in einem Streit mit Coop. Es geht um Getreideriegel-Verpackungen. Die Migros findet, Coop habe bei ihr abgekupfert. Profitiere vom guten Ruf ihrer «Farmer»-Stängel. Im Frühling 2016 hatte Coop seine Getreideriegel nicht nur in «Country» umgetauft, sondern auch in neue Kartons verpackt.

In Kartons, die ebenso grün waren, wie diejenigen der «Farmer». Obwohl doch die Farbe Grün ein Erkennungsmerkmal der «Farmer» sei, wie die Migros-Anwältin letzte Woche vor dem Handelsgericht des Kantons Aargau ausführte. Inzwischen hat Coop die Verpackungen mehrmals leicht angepasst. Die Kartons, um die sich das Verfahren drehte, stehen gar nicht mehr in den Regalen.

Keine Verwechslungsgefahr
Trotzdem war es an den Richtern zu entscheiden, ob eine rechtlich relevante Verwechslungsgefahr zwischen den beiden Verpackungen bestehe und ob Coop den guten Ruf der «Farmer»-Stängel ausbeute. Inzwischen liegt das Urteil vor. Eine Verwechslungsgefahr verneinten die Richter. «Country»-Riegel würden nur im Coop verkauft, «Farmer» nur in der Migros. Der durchschnittliche Kunde sei sich bewusst, ob er in einer Migros- oder im Coop-Filiale sei. Ausserdem wisse er, dass die Detailhändler «keine gegenseitigen Produkte verkaufen». Diese getrennten Vertriebskanäle würden eine Verwechslungsgefahr ausschliessen.

Unzulässige Rufausbeutung
Zu einem anderen Schluss kommen die Richter bei der Farbe. Es sei zwar «offenkundig, dass unzählige Nahrungsmittel in einer zumindest teilweisen grünen Verpackung angeboten werden». Wer eine grüne Verpackung sehe, denke deshalb nicht automatisch an «Farmer». Trotzdem sieht das Gericht keine sachlichen Gründe, dass Coop bei den «Country»-Verpackungen ausgerechnet auf die Farbe Grün setzt. Es ist für die Richter also nicht nachvollziehbar, warum Coop beim Relaunch seiner Getreideriegel von einer einheitlichen Farbsprache pro Geschmacksrichtung weggekommen ist und «nun das für sie angeblich unpassende Grün auf den Verpackungen verwendet». Unpassend deshalb, weil Coop im Verfahren kritisierte, das Grün der «Farmer»-Verpackung erinnere an Bio-Produkte beziehungsweise Pseudo-Gesundheit. Dafür stehe der «Country»-Riegel nicht.

Im Fazit schreibt das Handelsgericht, dass die «Country»-Verpackungen eine «unzulässige Nachahmung beziehungsweise Rufausbeutung» darstellten. Coop habe sich in «unlauterer Art und Weise an die ‹Farmer›-Verpackungen angelehnt und deren Ruf ausgebeutet».

Prozess kostet 17’000 Franken
Coop werde das Urteil prüfen und dann entscheiden, ob es weitergezogen oder akzeptiert werde oder ob es allenfalls doch noch zu einem Vergleich mit der Migros komme, sagt Urs Meier, Leiter der Medienstelle. Direkte Auswirkungen habe das Urteil nicht, sollte es rechtskräftig werden. «Es betrifft alte Verpackungen, die nicht mehr in den Regalen stehen.»
Die Migros begrüsst den Entscheid des Handelsgerichts. «Er bestätigt unsere Auffassung, dass Coop mit dem Vorgehen und mit dem Design der ‹Country›-Verpackungen die Regeln des fairen Wettbewerbs verletzt hat», sagt Migros-Sprecher Luzi Weber. Zum weiteren Vorgehen könne er noch keine Aussagen machen. «Die Migros muss nun das Urteil in Ruhe analysieren.»

Weil die Klage der Migros nur teilweise gutgeheissen wurde, werden die Prozesskosten von 17’000 Franken zwischen den Parteien aufgeteilt. Beide können das Urteil innert 30 Tagen ans Bundesgericht weiterziehen.