Wegen Mitgliederschwunds: Jugendmusik bläst mit Dumpingpreisen zum Comeback

Es ist nicht der erste Versuch einer Mobilisierung und auch nicht der erste Wechsel im Vorstand. Die neue Ausbildungsmöglichkeit sehen Dominic Schertenleib und Christine Siegrist nicht als Konkurrenz zur Musikschule, sondern als Ergänzung. «Es geht uns alle an, wenn das Instrument an Attraktivität verliert», sagt Siegrist. Die 22-Jährige und der 23 Jahre alte Präsident spielen beide über zehn Jahre Trompete. «Und wir möchten», so Schertenleib, «dass unsere Anstrengungen auch über unsere Vorstandstätigkeit hinaus Früchte tragen.»

Besonders für seine eher bescheidene Grösse ist der Verein erfolgreich unterwegs. Die Jugendmusikanten spielten schon am Umzug an der OLMA, an kantonalen Jugendmusiktagen, diversen Wettbewerben und letztes Jahr gar an der Weltmeisterschaft im Hallenstadion, wo sie den vierten Platz belegte. Ebenso wurde die JMOK letztes Jahr Aargauermeister in Parademusik. Ein wiederkehrender Höhepunkt ist jeweils das Jahreskonzert; das diesjährige steht unter dem Motto «JMOK Ahoi».

Musikmachen ist nicht das Einzige, was die Vereinsleute gemeinsam unternehmen. Gute Stimmung und ein starker Zusammenhalt sind wichtig. Dazu tragen auch gemeinsame Ausflüge, Feiern, Kinobesuche oder beispielsweise Skitage bei.

Wer Musik sprechen lassen und ihr eine Chance geben will, der kann sich am kommenden Samstag einen eigenen Eindruck von der Jugendmusik Oftringen-Küngoldingen verschaffen. Ab 14 Uhr findet in der Mehrzweckhalle im Foyer – erstmals seit langem wieder – ein Schnuppertag statt.

Die JMOK am Jugendmusiktag 2017.
Parademusik Jugendmusiktag 2017

Nach Geiger und Denker Yehudi Menuhin spricht «die Musik für sich allein. Vorausgesetzt, wir geben ihr eine Chance.» Dem 1999 verstorbenen Freigeist frei nachempfunden: Wer kein Instrument spielt, der verpasst etwas. Freude und Spass am Musizieren ist es denn auch, was in der Jugendmusik Oftringen-Küngoldingen (JMOK) weitergegeben wird. Hier lernen Jugendliche ein Instrument, spielen mit Gleichgesinnten an Konzerten und Wettkämpfen, verbessern ihr Können, leben im Verein wie in einer kleinen Patchworkfamilie. Allerdings: Wie andere Vereine auch, hat die Jugendmusik Oftringen seit Jahren einen Mitgliederschwund zu beklagen. «Wir brauchen dringend Nachwuchs», sagt Präsident Dominic Schertenleib, der im August mit Vizepräsidentin Christine Siegrist die Führung des Vorstands übernommen hat. Tatsächlich stellte sich damals die entscheidende Frage: Kämpfen, oder den Verein auflösen.

 

 

JMOK-Präsident Dominic Schertenleib und Vize Christine Siegrist sagen, warum das Ausbildungskonzept so wichtig ist,

Die Jugendmusik hat entschieden, die Trompete nicht einfach ins Korn zu werfen. «Wenn ich an meine vielen positiven Erlebnisse im Verein denke, dann wäre ein Aus total schade und sehr traurig», sagt Vizepräsidentin Christine Siegrist. Stattdessen bläst die Truppe zum Comeback: Nachdem jahrelang nicht mehr aktiv gelehrt wurde, hat die Jugendmusik ein neues Ausbildungskonzept lanciert.

Es teilt sich in drei Phasen: Die Jugendmusik bildet aus, danach (oder bei Wunsch auch gleichzeitig) können die Instrumentalisten in die Musikschule wechseln, in der dritten Phase und mit zunehmendem musikalischen Können dann folgt der Eintritt in die Jugendmusik als Vereinsmitglied. Nach der JMOK erfolgt meist ein Übertritt in die Musikgesellschaft Oftringen-Küngoldingen. Das Angebot richtet sich an Kinder ab der zweiten Klasse.

Der Clou liegt im Preis – denn die Ausbildung kostet die Schüler fast nichts. «Uns geht es um die Musik und den Verein, nicht um das Geld», sagt Präsident Schertenleib. Für den ordentlichen Jahresvereinsbeitrag von 60 Franken gibt es wöchentlichen Unterricht, auch Einzel, und selbst die Material- und Instrumentenkosten übernimmt die Jugendmusik. «Kostendeckend ist das keinesfalls», sagt Dominic Schertenleib. Der Vorstand hofft ausserdem, dass sich nebst Schweizer auch ausländische Familien melden. «Über eine schöne Durchmischung würden wir uns sehr freuen.» Finanziert wird der Verein, dem heute 16 Mitglieder mit einem Durchschnittsalter von 17 Jahren angehören, durch Gemeinde und Sponsoren.