Niedergösgen: Sturm «Burglind» holzte mehr Wald ab als «Lothar»

Wintersturm «Burglind», der Anfang Januar über die Schweiz gefegt war, sei kein Vergleich zu früheren Jahrhundertstürmen wie «Lothar» oder «Vivian», versicherten Experten nach dem Naturereignis im Januar. Betrachtet man das Ausmass der Schäden und die Folgekosten in der gesamten Schweiz, mag das zutreffen.

Auf einzelne Landstriche bezogen, hatte «Burglind» aber sogar grössere Auswirkungen als die obengenannten Stürme in den 1990er-Jahren. Im Kanton Solothurn wurden insbesondere das Gäu und das Niederamt vom Sturm zerzaust. In den Wäldern sind die Spuren des Unwetters noch gut sichtbar und rund sechs Wochen später auch noch längstens nicht überall beseitigt.

«Die Aufräumarbeiten sind noch im Gang. Wir gehen davon aus, dass diese bis etwa Ende März dauern werden», sagt Patrick Friker, Präsident der Bürgergemeinde Niedergösgen. Mit 114 Hektaren ist die Bürgergemeinde die grösste Waldbesitzerin in der Gemeinde und zählt daher zu den Geschädigten. Friker schätzt, dass im Niedergösger Wald zirka 3000 Kubikmeter Holz dem Sturm zum Opfer fielen. «Das entspricht etwa der doppelten Menge von dem, was die Bürgergemeinde pro Jahr aus dem Wald holen darf», rechnet er vor. Zum Vergleich: Bei Sturm «Lothar» im Jahr 1999 waren es 2500 Kubikmeter, fast so viel holzte «Vivian» 1990 im Niedergösger Wald ab.

Brutstätte für Schädlinge
Auch wenn die Räumungsarbeiten noch im Gang sind, die Waldarbeiter waren in Niedergösgen nach dem Sturm schnell zur Stelle. Bereits am Abend des 3. Januar – also einen Tag nach dem Sturm – waren die wichtigsten Strassenverbindungen durch den Wald wieder frei und drei Tage später waren auch die Waldwege wieder begehbar. Der Niedergösger Wald wird vom Forstunternehmen Eng & Sohn im Auftrag der Bürgergemeinde bewirtschaftet. Sie war per Ende 2017 aus dem Forstrevier Gösgeramt ausgetreten, welches mit dem Forstrevier Werderamt neu das Forstrevier Niederamt bildet. Der Bürgergemeindepräsident windet den Forstarbeitern ein Kränzchen: «Wir sind froh um diesen schnellen und effizienten Einsatz», sagt der Bürgergemeindepräsident. Als Forstunternehmen verfüge Eng & Sohn über das nötige Know-how und die geeigneten Maschinen, um im Wald aufzuräumen. «Je schneller, desto besser», findet Friker. Denn wenn alles Totholz einfach liegen bleibe, bestehe die Gefahr, dass sich Schädlinge wie der Borkenkäfer ausbreitet, sobald es wieder wärmer wird.

Fokus auf Anpflanzung und Pflege
Derzeit werde das gefallene Holz aufgerüstet für den Verkauf. Da «Burglind» die doppelte Jahresmenge an Holz «abgeerntet» hat, kann die Bürgergemeinde auch mehr Holz verkaufen. Bringt der Sturm am Ende sogar noch einen unerwarteten Gewinn? So einfach ist die Rechnung nicht. Denn in den kommenden zwei bis drei Jahren werden laut Friker statt der Holzernte wohl eher die Wiederanpflanzung und die Pflege des Jungwaldes im Vordergrund stehen. «Über die Jahre wird sich das wieder relativieren.» Kommt hinzu, dass Waldwege und Strassen in diesem Jahr wohl etwas mehr Pflege erfordern. Denn diese wurden, wenn nicht durch den Sturm selbst, dann durch das Abführen des Holzes mit grossen Fahrzeugen stellenweise etwas in Mitleidenschaft gezogen.

Einen grossen Unterschied gebe es im Vergleich zu früheren Sturmschäden: Nach «Lothar» seien die Holzpreise in der Schweiz durch das darauf folgende Überangebot eingebrochen, erklärt Friker. «Burglind», die vor allem lokal wütete, werde wohl kaum denselben Effekt haben, sodass die Waldeigentümer einen Preis im üblichen Rahmen für ihr Holz erwarten dürfen. Im April oder Mai werde das meiste Holz verkauft sein.

Dann will die Bürgergemeinde Zwischenbilanz ziehen und über das weitere Vorgehen bei der Waldnutzung entscheiden. Gewinn sei aber nicht das Ziel, betont der Bürgergemeindepräsident «Wir wollen mit dem Wald kein Geld verdienen und sind froh, wenn wir jeweils eine schwarze Null schreiben können.» Haupteinnahmequelle der Bürgergemeinde Niedergösgen sei nach wie vor die Vermietung der eigenen Liegenschaften.

Nicht der letzte Sturm
«Burglind» hat im Niederamt mit ihren kräftigen Böen vereinzelt ganze Schneisen in den Wald geschlagen. Die kahlen Stellen sind auch für Waldspaziergänger gut erkennbar. «Die Schäden im Niederamt und Niedergösgen sind gross. Für das Auge sieht das zwar schlimm aus, aber der Wald wird sich wieder erholen», sagt Friker. In wenigen Jahren werde das kaum mehr zu sehen sein. Mindestens bis der nächste Sturm kommt. Denn eines weiss auch der Bürgergemeindepräsident: «Solche Stürme hat es immer gegeben und wird es auch immer wieder geben.»