
Die neuen «Bären»-Besitzer behalten die bisherigen Wirte
Stolz thront er an der Kreuzung Dorfstrasse und Hauptstrasse in Reitnau. Der Gasthof Bären, das markante weisse Haus im Berner Stil. «Allhier zum Bä- ren kehret ein» steht auf dem Wirtshausschild und eingekehrt, das ist zu Blütezeiten des Landgasthofs das ganze Dorf. Seit Ende der Wirtetätigkeit der Familie Schärli hat das Lokal seine Stellung als Dorfwirtschaft jedoch eingebüsst. In den letzten Jahren gab vor allem der häufige Wirtewechsel zu reden. Eigentümerin Verena Schärli bot die Liegenschaft in der Folge zum Verkauf an, doch lange sah es so aus, als würde sich kein Käufer finden lassen.
Bis der Berner Landgasthof eines Tages dem Winiker Franz Heim ins Auge stach. Der 54-jährige Eigentümer einer Firma, die auf landwirtschaftliche Bauten spezialisiert ist, ist ein Liebhaber gut erhaltener älterer Bauwerke. «Der ‹Bären› ist einfach eine Augenweide», sagt er. Im vergangenen September kaufte er den Gasthof zusammen mit seinem Bruder Fridolin.
Bereits ein Restaurant gerettet
Es ist nicht das erste Mal, dass Unternehmer Heim eine Gaststätte erwirbt. 2013 ersteigerte er das Trienger Restaurant Brauerei, über das wenige Monate zuvor der Konkurs verhängt worden war. Auch damals hatte er sich in die Architektur der Liegenschaft verliebt. Die Wirte, die er einstellte, führen das «Braui Pub» mittlerweile mit Erfolg Selber wirten, das käme für Heim aber nicht infrage: «Ich kenne mich in der Beizen-Szene nicht aus und habe auch keine Wirte-Ambitionen.»
Einen fähigen Wirt scheint der neue «Bären»-Besitzer auch in Hanspeter Pauli und seiner Frau Darinka (31) gefunden zu haben. Der 36-Jährige, der die Beiz seit dem Abgang von Wirtin Doris Arturi 2014 führt, hat nach der Übernahme durch Heim einen Pachtvertrag für fünf Jahre unterschrieben. In den zwei Jahren, seit er den «Bären» führt, hat der gelernte Sanitär das Wirtepatent gemacht und kann sich einer treuen Stammkundschaft erfreuen. Von seinen Wirtequalitäten hatte er Heim innert kurzer Zeit überzeugt: «So gut wie Hanspeter den Gästen zuhören kann, das habe ich noch nicht erlebt.»
Zwar hätte Pauli nie gedacht, dass er eines Tages Beizer wird. Er hatte im angebauten Saal, der seit dem Bau der Reitnauer Mehrzweckhalle nicht mehr oft benutzt wird, Sanitärmaterial gelagert. Als die Vorpächterin Konkurs anmelden musste, kamen die Eigentümer auf ihn zu. «Sie fragten mich, ob ich es nicht versuchen wolle, wo ich doch schon viele der Stammkunden kenne», sagt Pauli. Viele Kunden kannte Pauli aus Jugendtagen, zudem arbeiteten mehrere Mieter der sechs Zimmer im gleichen Geschäft wie er. «Sie stellten sich ein Lokal vor, wo sie mit Überhosen reindürfen, ein Bierchen trinken und eine Zigarre rauchen dürfen», sagt der Wirt. Dieses Konzept befolgt Pauli bis heute, macht unter der Woche ab 16 Uhr und Freitag/Samstag ganztags auf und schenkt nur Getränke aus, «denn mit der ‹Schmiedstube› in Attelwil haben die Leute bereits ein Speiserestaurant.» Essen können die «Bären»-Gäste an Paulis Grillabenden oder Metzgeten, die er im Sommer und Herbst veranstaltet.
Noch sind nicht alle Zukunftspläne für den «Bären» ausgereift. Heim macht sich derzeit Gedanken, ob und wie der Saal zu nutzen ist und ob er dem Gasthof einen weiteren Stock für weitere Zimmer aufsetzen will. Letzteres dürfte nicht einfach sein, weil der Gasthof-Teil denkmalgeschützt ist. Die Ästethik, das ist Heims oberstes Gebot, müsse unbedingt erhalten bleiben.