Der Kanton muss sparen: Welche Schulstandorte braucht es eigentlich noch?

Der Kanton Aargau muss sparen. Ab nächster Woche wird in der grossrätlichen Budgetdebatte wieder hitzig darüber diskutieren, wie sich das Millionenloch in der Staatskasse stopfen liesse. Einen Beitrag dazu könnte dereinst auch die Reduktion der Berufsschulstandorte leisten – mit sechs Millionen Franken rechnet die Regierung. Doch eine Lösung sieht sie noch in weiter Ferne, zu präsent sind die beiden gescheiterten Anläufe aus der jüngsten Vergangenheit. Denn so unbestritten das Sparpotenzial bei der Zusammenlegung von Standorten auch sein mag, so übermächtig waren im Grossen Rat bislang stets die regionalen Interessen.

Die Fraktionen der FDP, CVP und GLP machen nun Druck, in einer Motion verlangen sie eine möglichst baldige Schaffung von Kompetenzzentren bei den gewerblich-industriellen sowie kaufmännischen Berufsfachschulen – und eine Vorlage, die bereits im kommenden Jahr vorliegen soll.

Der Grosse Rat hat die Motion an seiner gestrigen Sitzung unbestritten an den Regierungsrat überwiesen. Dieser hat in seiner Antwort allerdings vor zu unrealistischen Erwartungen an den Zeitplan gewarnt. Das Vorhaben stehe erst am Anfang. Der Einbezug der verschiedenen Akteure werde erfahrungsgemäss viel Zeit benötigen, und je nach Lösung sei eine Anhörung durchzuführen, schreibt die Regierung weiter. Zwar würden ab kommendem Jahr Lösungen gesucht, doch es sei unwahrscheinlich, dass 2018 bereits eine Vorlage in den Grossen Rat komme.

Schulstandorte verschwinden
Doch nicht nur die Standorte der Berufsschulen, sondern auch jene der Oberstufen stehen zur Diskussion. Ende Oktober hat die Aargauer Regierung entschieden: Die Bezirksschule in Fahrwangen wird spätestens auf Anfang Schuljahr 2022/23 geschlossen. Das gleiche Schicksal könnte auch anderen Schulen im Kanton blühen. Mit der Umstellung auf sechs Jahren Primarschule und drei Jahren Oberstufe hat sich die Zahl der Oberstufenschüler an den Schulstandorten um einen Viertel verringert. Für eine Bezirksschule braucht es ab Schuljahr 2022/23, nach Ende der Übergangsfrist, im Minimum sechs Klassen mit jeweils 18 Schülerinnen und Schülern. Im Bezirk Zurzach führt dies dazu, dass mindestens ein, wenn nicht zwei Bezirksschulstandorte von der Landkarte verschwinden, wegen zu tiefer Schülerzahlen.

Die Bildungslandschaft im Aargau steht vor weiteren Veränderungen: Diskutiert wird etwa die Verkürzung der Schuldauer bis zur Matura. Was bei Bezirksschülern bedeuten könnte, dass die Bez-Zeit zugunsten der Kantonsschulzeit verkürzt wird. Dieses Szenario erwähnt CVP-Grossrat Andreas Meier in seiner Interpellation zu den Anforderungen an Oberstufenstandorte. «Die Bürger in betroffenen Gemeinden empfinden den Wegfall der Bezirksschule und der Real- und Sekundarschule als Verlust ihrer Standortqualität», hält der Klingnauer darin fest. «Im politischen Prozess zur Bestimmung neuer Bezirks- und Oberstufenstandorte wird offensichtlich Standortwettbewerb betrieben, zuungunsten der Ausbildungsqualität und der Effizienz.»

Regierung soll Kriterien festlegen
Aus pädagogischer Sicht und gemäss einer Studie der Universität Genf scheine erwiesen, dass ein Sekundarstufenzentrum mit allen drei Leistungszügen, also mit Bez, Sek und Real unter einem Dach, die bessere Lösung sei als verteilte Standorte für die einzelnen Leistungszüge der Oberstufe, schreibt Meier in seinem Vorstoss weiter. Volle Pensen für die Lehrpersonen in allen Fächern, optimierte Klassenbildung, grösseres Angebot an Freifä- chern, ausgeglichener gestaltete Stundenpläne und gezieltere Verkehrsinfrastruktur würden sich positiv auf die Kosteneffizienz auswirken. Auch die Stärkung des gesellschaftlichen Zusammenhalts spreche für solche Zentren.

Die Debatte im Unteren Aaretal spricht Andreas Meier zwar nicht an, man kommt aber nicht umhin, diesen Bezug zu machen. Acht Gemeindeversammlungen stimmen in den nächsten Wochen über die Satzungen des geplanten Gemeindeverbands Oberstufe Aaretal (OSA) ab, der die Schule unter einem Dach der Oberstufe Unteres Aaretal (OSUA) in Klingnau beenden will und der mit der Bez in Kleindöttingen sowie der Sereal in Klingnau und Leuggern nur noch vereinzelte Standorte vorsieht. Das ist denn auch einer der Punkte, welche Kritiker der OSA-Steuergruppe vorwerfen.

Für Gemeinderäte und Schulpflegen sei es hilfreich, wenn die Regierung Kriterien eines Anforderungskataloges festlege, argumentiert Andreas Meier in seiner Interpellation. Dies würde den politischen Prozess zur Standortfindung versachlichen.