
Dieser Pferdesattel passt auf eine Kuhhaut
«Für mich war immer klar, dass ich einen handwerklichen Beruf erlernen oder eine Tätigkeit mit Tieren ausüben möchte», sagt Stefanie Braun, bevor sie den Sattel aus der Kammer holt und ihn auf Grossvaters Pferd Filou setzt. Dass die gelernte Sattlerin den mit silbernen Ornamenten, Blumenmuster und Lederriemen verzierten Westernsattel in filigraner und aufwendiger Arbeit selber gefertigt hat, liegt auf der Hand. «Es ist etwas Besonderes, wenn man aus Kuhhaut sein eigenes Reitzeug machen kann», betont Stefanie Braun, die zusammen mit drei Geschwistern auf dem Lehenhof in Rothrist aufgewachsen ist. Die Liebe zu den Pferden sei ihr quasi in die Wiege gelegt worden. «Mein Grossvater und meine Eltern haben uns Kinder immer mitgenommen, ob hoch zu Pferd oder mit dem Wagen», erinnert sich die 24-Jährige.
Nach der obligatorischen Schulzeit absolvierte Stefanie Braun die dreijährige Lehre als Sattlerin mit Fachrichtung Pferdesport. «Die Vielseitigkeit und was sich aus Leder alles herstellen lässt, fasziniert mich noch heute ungemein.» Sie habe sich damals nicht gross Gedanken dar- über gemacht, was die berufliche Zukunft anbelange, erklärt Braun, die heute im Textilzentrum der Schweizer Armee in Sursee als Sattlerin tätig ist und beispielsweise Zelte oder Lastwagenplanen herstellt. Auch wenn sie nicht mehr als Pferdesportsattlerin arbeitet, bereut sie ihre Berufswahl nicht. Im Gegenteil. In einer Garage in Rothrist hat sich die Pferdeliebhaberin ihr eigenes Atelier eingerichtet – ausgestattet mit Rund- und Schneidahle, Nadel und Faden, Nähmaschine, Lederschere, Sattlerhammer, Locheisen, Halbmond, Lineal sowie Leder und Leim. Jeweils am Abend und am Wochenende frönt sie dort ihrer Leidenschaft, nimmt Anpassungen und Reparaturen vor. Längst hat sie sich in der Pferdesportszene einen Namen gemacht. «Hier in der Umgebung findet sich sonst kein Sattler mehr, Pferde hingegen gibt es viele», sagt sie und lacht. Während früher jedes Dorf über eine Sattlerei verfügte, ist das Metier heute weitgehend von der Bildfläche verschwunden. «Dass in der Landwirtschaft nicht mehr mit Pferden gearbeitet wird, hat viel zum Aussterben des Handwerks beigetragen.» Schuld daran sei aber auch die ausländische Konkurrenz.
Die Unterschiede zwischen billiger Import-Ware und handgefertigten Schweizer Sätteln fallen ihr jeweils sofort auf. «Meist wird in asiatischen Ländern Wasserbüffelleder verwendet, das schnell austrocknet und rissig wird. Die Nähte sind oft nicht schön verarbeitet», erklärt Braun, die nur erstklassiges Leder verwendet. Wer sich für ein handgefertigtes Schweizer Unikat entscheidet, müsse mit Kosten von über 5000 Franken rechnen – das sei rund acht Mal teurer als ein ausländisches Billigprodukt. Doch das hält Stefanie Braun nicht davon ab, weiterhin qualitativ hochwertige Sättel zu fertigen. «Es ist eine schöne Tätigkeit, die viel Geduld und Fingerspitzengefühl erfordert, aber auch unglaublich vielseitig ist», sagt die Bauerntochter, ehe sie sich mit Filou auf den Weg macht.