
Nische-Fest soll 2022 nachgeholt werden

Noch ist es ruhig an der Bündtengasse 2 in Zofingen. Im geräumigen Haus, in dem einst Drucksachen hergestellt wurden, befinden sich seit einiger Zeit Geschäftsstelle und Tagesstruktur der Stiftung Nische. 27 Tagesstrukturplätze bietet die Stiftung Nische erwachsenen Menschen mit körperlichen, kognitiven und psychischen Beeinträchtigungen an, 26 Menschen bietet sie in den drei Wohnheimen in Zofingen und Oftringen auch ein betreutes Zuhause. «Die Klientinnen und Klienten kommen dann gegen 9 Uhr», sagt Aylin Holzschuh, seit Dezember 2017 Teamleiterin Tagesstruktur.
So bleibt vorerst noch Zeit, um mit Daniel Leuenberger auf das vergangene Jahr zurückzublicken. Leuenberger hat zusammen mit Alain Brem erst im September 2020 die Co-Geschäftsführung übernommen, als die Vorgängerin krankheitshalber ausfiel. Es sei ein herausforderndes Jahr gewesen, betont Leuenberger, nicht nur wegen der Pandemie, sondern auch wegen der vielen Personalwechsel in der letzten Zeit. «Nach dem Lockdown vom 17. März haben wir aus Sicherheitsgründen rasch die Tagesstrukturen geschlossen – im Herbst, als die Fallzahlen stiegen, nochmals», führt er aus. Das sei extrem herausfordernd gewesen. Für die Klientinnen und Klienten sei die Zeit, als keine externen Besuche – nicht einmal von Angehörigen – mehr möglich waren, ganz schwierig gewesen. Zudem konnten beliebte Anlässe wie das Nische- oder das Frühlingsfest nicht durchgeführt werden. Mit «Windstille in der Nische» überschrieb denn auch der Stiftungsrat seinen Bericht zum Geschäftsjahr 2020. «Für das Personal ist die ganze Corona-Situation herausfordernd und auch ermüdend», stellt der Co-Geschäftsführer weiter fest. Gleichzeitig dürfe er aber auch sagen, dass die Mitarbeitenden unter nicht immer leichten Bedingungen jederzeit hervorragende Arbeit geleistet hätten. Gut funktioniert hätten auch die beiden Einsätze des Zivilschutzes in der Zeit, als die Nische Personalausfälle zu beklagen hatte. «Die grossen Themen im vergangenen Jahr sind Corona und die Personalwechsel gewesen, die die Stiftung bewegt haben», fasst Leuenberger nochmals zusammen, «doch nun blicken wir positiv in die Zukunft».
Das «Klötzli» begleitet Susanne Widmer durchs Leben
Dann kommt Bewegung ins Haus. «Ist das jetzt der Fotograf?», fragt Susanne Widmer. Die mehrfach beeinträchtigte, aufgestellte Frau wohnt seit der Gründung 1991 in der Nische und hat sich heute besonders schön gemacht. «Ich trage ein Haarband», sagt sie stolz zu Aylin Holzschuh. Sie sei viel unterwegs zwischen den Häusern, sagt die 50-Jährige, am liebsten arbeite sie aber in der Tagesstruktur in der Bündtengasse. «Aber nachher musst du weiter an die Henzmannstrasse», gibt ihr Aylin Holzschuh zu verstehen. «Dort webe ich am liebsten – Küchentücher in allen Farben», erzählt Susanne Widmer, aber manchmal müsse sie auch den Boden wischen. Dazu verzieht sie leicht ihren Mund – und sagt dann noch, dass sie das nicht so gerne mache. «Susanne hat sich sehr entwickelt, vieles ablegen können», betont Aylin Holzschuh. «Ja», sagt auch Susanne Widmer, «ich habe Fortschritte gemacht – ich bin nicht mehr so eifersüchtig auf andere». Überhaupt, fährt sie weiter, ihr gefalle es sehr gut in der Nische. «Ich möchte nirgendwo anders zu Hause sein. Ich würde meine Kolleginnen und Kollegen vermissen.» Betreuende – am liebsten Frauen, die selber Mütter sind – geben der 50-jährigen Frau den nötigen Halt. Neben dem «Klötzli», das Susanne Widmer durch ihr Leben begleitet. Das «Klötzli» ist ein Holz-Würfel in T-Form, auf dem Susanne Widmer Miniatur-Fotos von all jenen Menschen und Sachen aufklebt, die ihr lieb sind. Sogar beim Schwimmen mit der Schwimmgruppe darf das «Klötzli» nicht fehlen. Fein säuberlich in einem Plastiksack verpackt, ist es auch dort dabei.
Dann verabschiedet sich Susanne Widmer Richtung Henzmannstrasse, ein Trio mit Sezgin, Catia und Markus nimmt die Räumlichkeiten in Beschlag. Nicht zu bremsen ist Sezgin, der unbedingt noch zeigen möchte, wie er die Nische-Zünder herstellt. Setzt sich an den Arbeitsplatz, nimmt einen Holzwürfel und beginnt diesen mit einer Spezialvorrichtung in ganz feine Streifen zu spalten, die am Schluss zu einem Anzündwürfel zusammengebunden werden. Noch müde ist Markus, der sich gähnend aufs Sofa setzt, während Catia den Tisch desinfiziert. Lebens- und Arbeitsalltag in der Nische – jede Klientin, jeder Klient erledigt mit der entsprechenden Unterstützung diejenigen Arbeiten, die ihren oder seinen Fähigkeiten entspricht.
Die Gründung von Verein und Stiftung Nische erfolgte unter Zeitdruck und war begleitet von grossen Herausforderungen. So galt es einerseits eine Kapitalbasis zu schaffen, andererseits erwiesen sich die Verhandlungen mit dem Bundesamt für Sozialversicherungen (BSV) als schwierig und langwierig.
2001 übernahm die neu gegründete Stiftung Nische auf dringlichen Wunsch der Eltern die Trägerschaft der sozialtherapeutischen Lebensgemeinschaft Zofingen, einer Aussengruppe der Seenger Stiftung Seehalde, die sich aus der Region Zofingen zurückziehen wollte. Erst 2005 erhielt die Nische vom BSV die definitive Anerkennung als beitragsberechtigte Behindertenorganisation, erst im dritten Jahr des Bestehens flossen rückwirkend die ersten Beiträge des BSV. Dank dem grossen Engagement von Angehörigen, des Vereins Nische sowie grosszügigen Beiträgen von Kirchen, Gemeinden, Industrie, Gewerbe und Privaten konnte die finanziell schwierige Zeit überbrückt werden.
In den vergangenen 20 Jahren konnte die Stiftung die Zahl ihrer Betreuungsplätze von anfänglich 13 auf heute 26 steigern. Meilensteine waren 2007 die Eröffnung des Wohnheims an der Gartenstrasse 6 in Oftringen sowie der Bezug der Liegenschaft Weiherstrasse in Zofingen im Jahr 2014. Im Dezember 2017 konnte die Stiftung Nische schliesslich die Liegenschaft an der Bündtengasse 2 in Zofingen erwerben. Dort sind heute Verwaltung und Tagesstruktur untergebracht.
Das Fest zum 20-Jahr-Jubiläum findet vermutlich 2022 statt
Anfang Mai 2021 sollte das 20-jährige Bestehen der Stiftung mit einem grossen Fest auf der Schützenwiese gefeiert werden. Schon im vergangenen Jahr sei man zur Einsicht gelangt, dass das Fest nicht stattfinden könne, betont Leuenberger. «Mitten in der Pandemie zu feiern – das würde kein gutes Bild von uns vermitteln», betont der Co-Geschäftsführer. Abgesagt ist das Fest nicht. Im Herbst werde man entscheiden, ob das grosse Fest 2022 stattfinden könne, sagt Leuenberger. Ein genaues Datum stehe noch nicht fest.