Ein QR-Code – oder der Pass zu ein bisschen Freiheit: So funktioniert das Covid-Zertifikat des Bundes

Es ist ein QR-Code, der ein Stück Freiheit bedeutet: Das Covid-Zertifikat des Bundes, das ab dem 7. Juni auf Papier oder elektronisch erhältlich sein soll. Der Code speichert, ob eine Person geimpft, genesen oder kürzlich getestet worden ist. Das Covid-Zertifikat soll in einer Übergangsphase zusätzliches Vergnügen ermöglichen – und das Leben weniger einschränken. Für Bundesrat Alain Berset ist wichtig: «Das Covid-Zertifikat ist kein Zwang, sondern Teil der Lösung».

Dieser Hinweis kommt nicht von ungefähr. Denn mit dem Ausweis stellen sich durchaus ethisch anspruchsvolle Fragen: Darf man Menschen von gewissen Sachen ausschliessen, nur weil sie kein Covid-Zertifikat haben? Oder ist es nicht genau umgekehrt, dass man mit dem Zertifikat Eingriffe in die Freiheitsrechte minimieren kann?

So funktioniert die Ampel

In der Schweiz überwiegt letztere Ansicht. Das Parlament hat im Covid-19-Gesetz die Grundlage zur Einführung eines Zertifikates gelegt. Mit der technischen Umsetzung ist das Bundesamt für Informatik und Telekommunikation betraut. Und der Bundesrat hat gestern Vorschläge gemacht, wie das Zertifikat eingesetzt werden soll. Unterschieden werden drei Anwendungsbereiche:

Grün: Ausgeschlossen ist das Zertifikat an Orten des alltäglichen Lebens und im Kontakt mit Behörden. Beispiele dafür sind Schulen, Kirchen, Läden, Arbeitsplätze und private Veranstaltungen.

Orange: In Restaurants oder Bars, bei Veranstaltungen bis 1000 Leute, in Freizeit-, Sport- und Unterhaltungsbetrieben oder beim Besuch von Heimen und Spitälern ist ebenfalls kein Zertifikat vorgesehen. Es gibt zwei Ausnahmen. Einerseits könnte die Schliessung solcher Einrichtungen dank dem Zertifikat verhindert werden, sollte sich die epidemiologische Lage verschlechtern. Andererseits dürfen Veranstalter, Restaurants, Fitnesscenter oder Theater ein Covid-Zertifikat verlangen, wenn sie denn wollen. In diesem Fall werden die Schutzkonzepte wie Maskenpflicht oder Kapazitätsbeschränkungen obsolet.

Rot: In diesem Bereich ermöglicht erst das Covid-Zertifikat eine Öffnung. Er umfasst internationale Reisen und aus epidemiologischer Sicht heikle Orte wie Grossveranstaltungen und Discos. Der Bundesrat geht davon aus, dass viele Staaten bei der Einreise künftig ein Covid-Zertifikat verlangen werden.

Zertifikat nur für eine Übergangsphase

Berset betonte mehrfach, dass das Covid-Zertifikat zeitlich nur kurz zum Einsatz kommen soll. Er geht davon aus, dass dieses vor allem in der Stabilisierungsphase wichtig sein wird. Also vom Moment an, wo 40 Prozent der Bevölkerung geimpft sind, bis zum Zeitpunkt, wo alle Erwachsenen Zugang zur Impfung hatten. Das sollte Ende Juli der Fall sein. Ab dann kommt die Normalisierungsphase und ab braucht es gemäss Berset das Zertifikat wohl nur noch für internationale Reisen. «Es mag bizarr tönen, doch in zwei Monaten könnte die Pandemie fast zu Ende sein», so Berset.

«Der Bund näht doppelt. Das macht keinen Sinn»

Die Reaktionen auf die Pläne fallen grundsätzlich positiv aus. SVP-Fraktionschef Thomas Aeschi begrüsst etwa, dass es bei Restaurants oder Kinos keinen Zertifikats-Zwang gibt. Der Druck seiner Partei habe gewirkt. Nur in einem Punkt gibt es Kritik: Bei Grossveranstaltungen sieht der Bundesrat keine Erleichterungen bei den Schutzkonzepten vor. Es ist vorgesehen, dass ab Juli wieder Veranstaltungen mit bis zu 3000 Personen stattfinden.

Christoph Bill präsidiert den Verband der Schweizer Konzert-, Show- und Freizeitveranstalter (SMPA). Er findet es positiv, dass die Schutzkonzepte bei kleineren Veranstaltungen wegfallen. Allerdings: «Diese Regelung muss auch für Grossveranstaltungen gelten: Zusätzliche Auflagen wie Sitzplatz- und Maskenpflicht oder Konsumations- und Kapazitätsbeschränkungen machen keinen Sinn, wenn nur geimpfte, genesene und getestete Personen zugelassen werden», sagt Bill. Er ist mit dieser Kritik nicht alleine. Ruth Humbel, Präsidentin der nationalrätlichen Gesundheitskommission, sagt: «Man kann nicht ein Zertifikat und ein Schutzkonzept verlangen». Und Aeschi doppelt nach: «Der Bundesrat will doppelt nähen. Das bringt nichts.» Gleich sieht es die nationalrätliche Wirtschaftskommission. Sie hat eine entsprechende Forderung dem Bundesrat in einem Brief mitgeteilt.

Das letzte Wort, dürfte in diesem Punkt noch nicht gesprochen sein. Definitiv entscheiden wird der Bundesrat ohnehin erst Mitte Juni. Vorher wird er die Kantone anhören.