«Wir sind alle frustriert»: So leiden Schweizer Asien-Expats unter den Folgen der Impf-Trödelei in der Heimat

Deutschland machts, Frankreich ebenso, und Italien auch. Mehr und mehr Länder sind in den vergangene Wochen Partnerschaften mit Singapur eingegangen für so genannte «Vaccinated Travel Lanes», kurz VTL, und auf Deutsch: Geimpfte Reise-Korridore. Damit erlauben Singapur und die jeweiligen Partnerländer vereinfachte Ein- und Ausreisen für Flüge mit nur geimpften Passagieren an Bord.

Für die Swiss wäre es finanziell eine grosse Erleichterung, wenn VTL-Flüge ermöglicht würden.

Für die Swiss wäre es finanziell eine grosse Erleichterung, wenn VTL-Flüge ermöglicht würden.

Alexandra Wey / KEYSTONE

Doch die Schweiz kam bisher nicht zum Handkuss, obwohl sie gerne beim VTL-Programm dabei wäre. Heisst in der Folge: Touristische Reisen nach Singapur sind für Gäste aus der Schweiz nach wie vor praktisch unmöglich. Der Bund und die Swiss gehen davon aus, dass die hohen Covid-Fallzahlen und die tiefe Schweizer Impfquote für die Nichtberücksichtigung schuld sind.

Botschafter schreibt den Expats

Vergessen geht dabei schnell, dass nicht nur die touristischen und geschäftlichen Bedürfnisse unter diesen Folgen leiden – sondern insbesondere auch Schweizer Bürgerinnen und Bürger, die in Singapur leben, und singapurische Staatsangehörige hierzulande. Dass es die Schweiz nach wie vor nicht auf die VTL-Liste des asiatischen Stadtstaates geschafft hat, sorgt denn auch für Ärger bei den Auslandschweizern, wie ein Schreiben des Schweizer Botschafters in Singapur an die Schweizer Expats zeigt. CH Media liegt es vor.

Fabrice Filliez, Schweiz-Botschafter in Singapur.

Fabrice Filliez, Schweiz-Botschafter in Singapur.

EDA

«Wir haben gesehen, dass Singapur mit den VTL-Flügen vorwärts macht (…)», schreibt Botschafter Fabrice Filliez. Damit werde die Quarantäne zu Hause überflüssig. «VTL-Flüge erlauben geimpften Familienmitgliedern und Freunden für Besuche nach Singapur zu kommen.» Es sei sich völlig bewusst, dass diese Reiseerleichterung enorm wertvoll sei, auch wenn sie derzeit noch ungeimpfte Kinder unter 12 ausschliesst – «und wir sind alle frustriert, dass sie noch nicht auf die Schweiz ausgeweitet wurde.»

«Verfolgen dieses Ziel weiterhin»

Ausriss aus dem Schreiben auf Englisch von Botschafter Fabrice Filliez an die Schweizerinnen und Schweizer, die in Singapur leben.

Ausriss aus dem Schreiben auf Englisch von Botschafter Fabrice Filliez an die Schweizerinnen und Schweizer, die in Singapur leben.

Er sei sich völlig bewusst, schreibt Filliez, dass viele Empfänger seines Schreibens zunehmend ungeduldig würden angesichts der anhaltenden Schwierigkeiten oder gar der Unmöglichkeit zu reisen. Er versichert den Singapur-Schweizern, dass sein Team alles dafür tue, um VTL-Flüge zu ermöglichen. Seit Beginn dieses Modells habe man sich bei den singapurischen Behörden für die Aufnahme der Schweiz eingesetzt, «und wir verfolgen dieses Ziel weiterhin.» Doch, gemäss den Informationen, die man habe, entscheide Singapur aufgrund den Covid-Fallzahlen und der Anzahl komplett geimpfter Personen in einem Land.

Blick auf die ikonische Bucht von Singapur mit dem Luxushotel Marina Bay Sands.

Blick auf die ikonische Bucht von Singapur mit dem Luxushotel Marina Bay Sands.

Timo Volz / Unsplash

Eine Ausland-Schweizerin, die seit einiger Zeit in der «Schweiz Asiens» lebt, wie das reiche Land oft genannt wird, glaubt ebenfalls, «dass viele Schweizer hier enttäuscht sind, dass wir noch nicht ins VTL-Programm aufgenommen wurden.» Der Vorwurf richte sich aber nicht an die Behörden. «Sie verstehen , dass dafür die Impfquote in der Schweiz höher sein sollte.»

Viele Schweizer in Südostasien sesshaft

Blick auf Bangkok: Die Hälfte aller Schweizer Südostasien-Expats, rund 9500 Personen, lebt in Thailand.

Blick auf Bangkok: Die Hälfte aller Schweizer Südostasien-Expats, rund 9500 Personen, lebt in Thailand.

Mongkol Chuewong / Moment RF

Immerhin, so die Ausland-Schweizerin, habe es zuletzt immerhin eine Lockerung gegeben: «Gegenüber vor ein paar Wochen, als wir Singapur quasi nicht verlassen, beziehungsweise nur mit zweiwöchiger Hotelquarantäne wenn überhaupt wieder einreisen konnten, stellt die aktuelle Situation mit sieben Tagen Quarantäne zuhause schon eine sehr grosse Verbesserung dar.»

Laut der singapurischen Zeitung «The Straits Times» entscheidet die lokale Regierung nicht nur aufgrund der Covid-Indikatoren eines Landes, ob das VTL-Programm zum Zug kommt. Demnach wird auch überprüft, ob die Regulierungen und Prozesse der Fluggesellschaften und Flughäfen den Ansprüchen Singapurs genügen würden. Dies würde zumindest erklären, weshalb beispielsweise die USA – welche eine leicht tiefere Impfquote als die Schweiz aufweisen – für VTL-Flüge bereits akzeptiert wurden.

Laut dem Bundesamt für Statistik leben allein in Singapur rund 2900 Schweizerinnen und Schweizer. Insgesamt zählt Südostasien, wo viele Länder ähnliche strikte Reise-Regulierungen aufrechterhalten, 18’700 Schweizer Expats. Rund die Hälfte von ihnen lebt in Thailand, das zuletzt eine Öffnung des für geimpfte Gäste aus zehn Ländern per 1. November verkündet hat. Auch hier ist die Schweiz vorläufig nicht mit dabei.

Schweiz-Expats in Südostasien, 2020 (Total: 18’690)

  1. Thailand: 9456
  2. Philippinen: 3405
  3. Singapur: 2855
  4. Indonesien: 1019
  5. Malaysia: 698
  6. Vietnam: 640
  7. Kambodscha: 365
  8. Myanmar: 115
  9. Laos: 113
  10. Brunei Darussalam: 15
  11. Timor-Leste: 9 

Quelle: BfS