Aargauischer Heimatschutzpreis: Mit Emma-Kunz-Zentrum eine wahre Perle ausgesucht

Heimatschutz – die Erhaltung und Pflege unseres gebauten Erbes. Der Aargauer Heimatschutz hat auf seiner Website festgehalten: «Baudenkmäler aller Epochen sollen vor dem Abbruch bewahrt bleiben. Gleichzeitig fördern wir die qualitätsvolle Weiterentwicklung der gebauten Umwelt; zeitgemässe und gute Architektur liegt uns am Herzen.» Für besondere Leistungen in diesem Bereich vergibt die Organisation in Zusammenarbeit mit der Credit Suisse alljährlich den mit 10’000 Franken dotierten Aargauischen Heimatschutzpreis.

Soweit, so klar. Doch dieses Jahr hat der 900 Mitglieder starke Verein den Preis an die Emma-Kunz-Stiftung in Würenlos vergeben. Sie verwaltet das Erbe von Emma Kunz (1892-1963), die nicht nur eine bemerkenswerte Sammlung von Bildern hinterlassen hat, sondern auch als Heilpraktikerin und Spiritualistin bekannt geworden ist.

Jury habe «eine wahre Perle ausgesucht»

Der Entscheid der von Nicoletta Brentano-Motta geleiteten Jury habe ihn vorerst überrascht und leicht verunsichert, erklärte Christoph Brun, der Präsident des Aargauer Heimatschutzes (AHS), an der Preisverleihung vom 30. Oktober in Würenlos: «Ich habe mich gefragt, ob das unseren Zweck abdeckt.»

Dem sei so: «Der Zweckartikel besagt, dass sich der AHS einsetzt für die Erhaltung des Kulturguts als Zeuge der Zeit. Er schützt, pflegt und fördert natürliche und geschichtlich gewordene Eigenart.» Die Preisträgerin repräsentiere ein kulturelles Erbe, das es verdiene, geschützt, gepflegt und gefördert zu werden. Die Jury habe mit dieser Institution eine Perle ausgesucht.

Dem konnte Regierungsrat Dieter Egli nur beipflichten: «Ich bin fasziniert von diesem Ort. Man kommt aus der dicht besiedelten Agglomeration Limmattal hier hoch, taucht ein in diese wunderschöne Umgebung und findet sich wieder in einer beruhigenden, mystischen Atmosphäre.» Er sei fasziniert von der Emma Kunz, die einen unkonventionellen Lebensstil gepflegt habe.

«Sie hat von sich selbst gesagt: ‹Ich kann heilen.› Eine selbstbewusste Aussage, und für ihre Zeit, gerade als Frau, eine sehr mutige Haltung, die ich bewundere.» Mit dem Aufbau und der Entwicklung des Zentrums habe die Stiftung dem Aargau einen grossen Dienst erwiesen: «Sie hat ihm einen Ort gegeben, der für viele identitätsstiftend ist, von Menschen aus aller Welt besucht wird und die Bekanntheit des Kantons über die Grenzen hinweg fördert.»

Das Wunder Emma-Kunz-Zentrum hat einen Namen

Anton Möckel, der Gemeindeammann von Würenlos, hat ihn schon als Bub erlebt: «Wir haben dort Lehm geholt und die Veränderungen über all die Jahre miterlebt. Auf das, was die Stiftung hier geschaffen hat, sind wir stolz», erklärte er in der alten Steinbruchhalle. Für den in Brissago lebenden Kunsthistoriker und Kurator Guido Magnaguagno grenzt es an ein Mysterium, dass es diese Stätte gibt: «Ich erinnere mich an schwierige Zeiten, als ein Verkauf im Raum gestanden ist. Es muss ein Wunder passiert sein, dass die Gebäude, die Steinbrüche und Holzwege, das Teestübli, die Engelstrompeten sowie das Museum erhalten geblieben und in die Stiftung eingegangen sind.»

Das Wunder habe einen Namen: «Anton Meier, dem an Kinderlähmung leidenden Sohn des Steinbruchbesitzers, hat Emma Kunz empfohlen, fein geriebenen Muschelkalk aus der Grotte auf seine Glieder aufzulegen. Die daraus resultierende Heilung ist zu seiner Mission geworden.» Anton Meier habe den Nachlass von Emma Kunz erworben und damit den Grundstein gelegt für die 1986 erfolgte Gründung des Zentrums. Die Auszeichnung sei ein Zeichen für eine gesicherte Zukunft des Ortes und seines Geistes, sagte Magnaguagno.

Die Stiftung erhalte den Heimatschutzpreis 2021 für den vorbildlichen sorgsamen und verantwortungsvollen Umgang mit dem künstlerischen Erbe der Forscherin, Naturheilärztin und Künstlerin Emma Kunz, erklärte Jury-Obfrau Nicoletta Brentano-Motta bei der Verleihung: «Die Stiftung hat erreicht, den geistigen und künstlerischen Nachlass für die Bevölkerung zu erhalten und den Interessierten zugänglich zu machen.» Der von Thomas Häfliger, Leiter Privatkunden Aargau der Credit Suisse übergebene Check werde in das geplante Online-Werkverzeichnis einfliessen, erklärte Stiftungspräsidentin Karin Kägi in ihrer Dankesrede. Das Werkverzeichnis solle in das Rechercheportal zur Schweizer Kunst eingebunden werden.

So ungewöhnlich die Preisträgerin, so speziell die Feier. Für die musikalische Unterhaltung sorgte kein Kammerorchester, sondern die Menziker Rockgöre und Alleinunterhalterin Erika Arnold. Sie brachte mit Gitarre und beeindruckender Stimme die altehrwürdige Steinbruchhalle zum Beben.