ABB rechnet mit Problemen in den nächsten zwei Quartalen – andere Firmen profitieren von der globalen Lieferkrise

Die Probleme in den Lieferketten der Industrie haben im dritten Quartal des laufenden Jahres auch ABB stark zurückgebunden. Der Elektrotechnikkonzern schaffte im jüngsten Dreimonatsabschnitt nur noch eine Umsatzsteigerung um vier Prozent auf sieben Milliarden Dollar, nachdem die zu konstanten Wechselkursen gerechneten Verkäufe in den ersten sechs Monaten noch um elf Prozent zugenommen hatten.

ABB-Chef Björn Rosengren sagte in einer Telefonkonferenz mit Journalisten anhaltende Produktionsprobleme in den nächsten ein bis zwei Quartalen voraus. Der Konzern korrigierte die im Sommer ausgegebene Wachstumsprognose von zehn Prozent für das laufende Jahr auf sechs bis acht Prozent herunter.

Der Aktienkurs bricht ein

Die Investoren zeigten sich ernüchtert. Die ABB-Aktien verloren am Donnerstag im Morgenhandel an der Schweizer Börse mehr als fünf Prozent auf nur mehr knapp 30 Franken, dies allerdings nachdem die Titel seit Jahresbeginn mehr als 25 Prozent zugelegt haben. .

Völlig überraschend kommen die Probleme von ABB freilich nicht. Mit Engpässen in den Lieferketten und einem Flaschenhals in der Logistik kämpft die Industrie weltweit schon seit einigen Monaten. Zeitgleich mit ABB musste am Donnerstag auch der Aufzug- und Rolltreppenhersteller Schindler eine markante Umsatzverlangsamung und sogar einen leichten Gewinnrückgang im dritten Quartal vermelden. Lieferengpässe führten weltweit zu Bauverzögerungen und steigende Material- und Frachtkosten drückten auf den Gewinn, begründete Schindler den enttäuschenden Leistungsausweis im Quartal.

Sorgen da, Gewinnrausch dort

Im Kontrast dazu schwelgen Logistikkonzerne wie Kühne+Nagel, die offensichtlich markante Preiserhöhungen durchsetzen können, in einem veritablen Gewinnrausch. ABB-Chef Rosengren sprach von einem inflationären gesamtwirtschaftlichen Umfeld. In Amerika, wo ABB rund ein Drittel der Gesamtverkäufe realisiert, stelle der Arbeitsmarkt eine «Herausforderung» dar, sagte der Schwede.

ABB hat in Amerika in den Monaten Juli bis September wertmässig 31 Prozent mehr Bestellungen eingefahren. Trotzdem sässen viele Leute, die in der Wirtschaft benötigt würden, pandemiebedingt immer noch zu Hause, konstatierte der Manager. Immerhin habe bislang keine ABB-Fabrik den Betrieb unterbrechen müssen.

Hortungsbestellungen werden aussortiert

Allerdings hat sich bei dem Elektrotechnikkonzern im Jahresverlauf ein eindrücklicher Bestellungsrückstau gebildet. Der Auftragsbestand per Ende September betrug 16 Milliarden Dollar, 15 Prozent oder 2,1 Milliarden Dollar mehr als zum selben Zeitpunkt des Vorjahres. Seit Jahresbeginn hat ABB auch neue Bestellungen im Wert von 23,6 Milliarden Dollar hereingenommen. Das sind ebenfalls 16 Prozent oder 4,1 Milliarden Dollar mehr als im Vorjahr. Rosengren sagte, ABB hätte noch deutlich mehr Aufträge annehmen können, doch man versuche Hortungsbestellungen auszusortieren. Dies macht der Konzern auch aus eigenem Interesse. Er verringert damit das Risiko, das vorsorgliche Lagerbestellungen bei einer Lockerung der Lieferengpässe wieder storniert werden.

Was die Lieferverzögerungen für die Profitabilität von ABB bedeuten, lässt sich derzeit noch kaum beurteilen. Der Vorjahresergebnisse sind auch unter Ausklammerung des im dritten Quartal 2020 verbuchten Gewinns aus dem Verkauf der Sparte Stromübertragung an Hitachi stark verzerrt. So musste etwa die Robotik-Sparte einen pandemiebedingten Verlust ausweisen, der in der laufenden Periode wieder ausgeglichen werden konnte. ABB weist für das Berichtsquartal einen Gewinn von 652 Millionen Dollar und eine respektable Betriebsgewinnmarge von 15,1 Prozent aus.