Abschiedsinterview mit dem abgewählten Bruno Aecherli: «Vielleicht war ich naiv»

Bruno Aecherli (50) war sechs Jahre lang Finanzvorsteher von Reiden. Im März 2020 verpasste er die Wiederwahl als einziger Gemeinderat. Seine Nachfolge tritt Vera Schwizer (CVP) an, die in stiller Wahl gewählt wurde, und im September ihr Amt antritt. Aecherli ist noch bis Ende nächster Woche im Amt.

Bruno Aecherli, Sie haben in der Corona-Krise eine intensive Zeit als Gemeinderat und vor allem als Chef Bevölkerungsschutz hinter sich. Geben Sie das Amt nun gerne ab?

Ich gebe es gerne ab, weil ich weiss, dass es organisiert ist. Ich habe der Gemeinde Reiden angeboten, den Job als Chef Bevölkerungsschutz weiterzumachen. Der Gemeinderat müsste mich dafür wählen. Der Entscheid steht noch aus.

Grund für Ihren Abgang ist der Legislaturwechsel und Ihre Nicht-Wahl im März. Sie wurden im ersten Wahlgang als einziger bisheriger Gemeinderat – relativ knapp – nicht wiedergewählt. Mein Eindruck war, dass Sie kapitulierten.

Nein, das sehe ich nicht so. Ich habe mich hingesetzt, habe Vor- und Nachteile abgewogen und mich letztlich entschieden, auf den zweiten Wahlgang zu verzichten. Wer mich kennt, weiss, dass ich zu dem stehe, was ist sage.

Ohne Reue?

Es gab kurze Zeit Gedanken des Zweifels. Aber die Bevölkerung ist mit meiner erbrachten Leistung nicht zufrieden und somit darf die herausfordernde Arbeit gerne eine andere Person angehen. Heute bin ich der Reider Bevölkerung dankbar: Somit kann ich meine Zeit dort einsetzen, wo der Erfolgs- und Spassfaktor höher ist.

Markus Schwander, Sprecher der IG Reiden, ging davon aus, dass Sie den zweiten Wahlgang geschafft hätten.

Ja, vielleicht. Ich hatte aber ehrlich gesagt auch keine Lust mehr auf dieses Spiel. Ich habe über Umwege eine Mitteilung einer Partei erhalten, die mich diskreditierte. Da stand sinngemäss: Wählen Sie alle ausser Bruno Aecherli. Wenn das Sachpolitik ist, bin ich die falsche Person.

Aber gehören solche Spiele nicht auch ein bisschen zum Wesen der Politik? Sie sagten einmal, dass sie davon ausgegangen seien, dass es in der Gemeindepolitik um Sachpolitik und langfristige Vorteile gehe. Waren Sie da nicht etwas naiv?

Ich bin immer noch derselben Überzeugung. Aber ja, vielleicht war ich naiv.

Mochten Sie die Polemik nicht auch ein wenig? Sie wiesen doch bei jeder Gelegenheit auf den Schuldenberg von Reiden hin.

Per Jahresende 2019 hatte die Gemeinde Reiden Fremdkapital von 54 Millionen Franken. Die Einnahmen werden unter anderem auch durch die Corona-Krise nicht grösser. Somit fehlt unserer Gemeinde das finanzielle Potenzial, um die Verschuldung nachhaltig reduzieren zu können. Um diesem Umstand entgegentreten zu können, ist ein Sparprogramm eingeleitet worden. Schulden von heute sind die Steuern von morgen. Als Finanzvorsteher war es meine Pflicht, darauf hinzuweisen und die Aufgaben mit den uns zur Verfügung stehenden Mitteln zu erfüllen. Wünsche haben wir alle. Seit ich im Amt bin, haben wir nie rote Zahlen geschrieben. Und ich habe nicht das Gefühl, dass wir irgendwo ein grosses Leistungsdefizit haben.

Als Sie am Abend Ihrer Nicht-Wahl abgewogen haben, ob Sie im zweiten Wahlgang nochmals antreten, was schrieben Sie da in die Ja-Spalte?

Persönliche Kontakte und Bekanntschaften. Durch das Amt als Gemeinderat durfte ich einige tolle Menschen kennen lernen und mit ihnen Projekte umsetzen. Das gefiel mir sehr gut, ich hätte gerne noch mehr solche Bekanntschaften gemacht.

Was werden Sie in Zukunft tun?

Ich werde meine Zeit in ein neues Verwaltungsratsmandat und meine eigene Immobilien-Firma investieren. Wichtig ist für mich aber, dass ich mich in meiner Zeit nur noch mit Menschen umgeben möchte, welche die Zukunft mit positiven Gedanken verändern und mit einem guten Willen begehen wollen

Das Interview führte Ronnie Zumbühl

Zur Person

Bruno Aecherli (IG Reiden) ist seit 2014 Gemeinderat von Reiden. Überraschend gewann der heute 50-Jährige damals die Kampfwahl gegen die Herausforderin von der CVP. 2016 wurde der Finanzvorsteher und Inhaber einer Immobilien-Firma in Langenthal im Amt bestätigt – mit dem besten Ergebnis. Bei den Gesamterneuerungswahlen im März dieses Jahres verpasste er indes als einziger Kandidat das absolute Mehr um 26 Stimmen. Aecherli lebt mit seiner Frau und den zwei erwachsenen Kindern im Dorfzentrum von Reiden. (rzu)