
Afrikanische Schweinepest: Feuer frei auf Aargauer Wildschweine?
Strafanzeigen gegen Jäger häufen sich
An der Herbsttagung von Jagd Aargau referierte der leitende Oberstaatsanwalt Philipp
Umbricht zu Fragen von Strafrecht und Jagd. «Unheimlich vieles ist strafbar – auch Vergehen gegen das Jagd- und das Tierschutzgesetz», stellte Umbricht fest.
Jagdvergehen beträfen aber nur sehr wenige der rund 42’000 Strafverfahren, die im Aargau jährlich eröffnet werden. «Je länger, je mehr werden aber Anzeigen gegen Jäger und Jagdaufseher erhoben», hielt Umbricht fest. Er skizzierte den Fall, wenn ein im Strassenverkehr verletztes Wildtier erlöst werden muss. «Dabei gibt es Zuschauer, die entsetzt sind und Strafanzeige erheben. Und damit beginnt ein Programm abzulaufen.»
Die Situation des Jägers oder des Jagdaufsehers, der überzeugt sei, alles richtig gemacht zu haben, sei ähnlich wie jene eines Polizisten oder Feuerwehrmannes. «Sie haben das Risiko, wegen der Jagdtätigkeit in ein Strafverfahren verwickelt zu werden, auch wenn Sie alles richtig gemacht haben», sagte Umbricht. «Bewahren Sie kühlen Kopf. Akzeptieren Sie das Verfahren und verlassen Sie sich darauf, dass die Strafverfolgungsbehörde ihre Aufgabe ebenso richtig erfüllt wie Sie Ihre als Jäger.» (lpr)
Vor einem halben Jahr, als SVP-Grossrat und Schweinezüchter Hansjörg Erne seinen Vorstoss zur stärkeren Bejagung von Wildschweinen einreichte, breitete sich die Afrikanische Schweinepest erst in Osteuropa aus.
Inzwischen ist die Tierseuche, gegen die es bisher keine Impfung und kein Medikament gibt, auf dem Vormarsch in Richtung Westen. Im September wurden die ersten Schweine in Belgien befallen, Dänemark erwägt die Errichtung eines Grenzzauns – und auch in der Schweiz schlagen Schweinezüchter nun Alarm.
Meinrad Pfister, der Präsident des Branchenverbandes Suisseporcs, forderte in der «SonntagsZeitung», die Wildschweinbestände in der Schweiz müssten massiv reduziert werden. Eine drohende Verbreitung der Afrikanischen Schweinepest könne nur verhindert werden, wenn das Schwarzwild «mit allen Mitteln bejagt wird», hielt der Suisseporcs-Präsident fest.
Tiertransporte sind heikel
Ganz ähnliche Forderungen hatte Hansjörg Erne zusammen mit Bauernverbands-Geschäftsführer und CVP- Grossrat Ralf Bucher im März in einem Vorstoss erhoben.
Dieser wurde kürzlich im Kantonsparlament beantwortet, wobei die Regierung festhielt: «Die Ausbreitung der Afrikanischen Schweinepest läuft fast ausschliesslich über verarbeitete Lebensmittel, Schlachtkörper, Nutztiertransporte, Material und Fahrzeuge.» Wildschweine als empfängliche Tierart für die Krankheit würden als mögliche Virusträger «nur sehr kleinräumig zur Verbreitung beitragen», heisst es in der Antwort weiter.
Ernes Befürchtung, die gefährliche Viruserkrankung könnte durch Wildschweine aus dem süddeutschen Raum in den nördlichen Aargau eingeschleppt werden, teilt die Regierung nicht. Eine solche Ausbreitung über den Hochrhein sei sehr unwahrscheinlich, weil für «Haus- und Wildschweine in der Regel zwischen Infektion und Tod weniger als zehn Tage vergehen».
Als mögliche Ursachen für eine Verbreitung der Krankheit in der Schweiz und im Aargau «spielen hauptsächlich illegale und legale Bewegungen von kranken Schweinen sowie der Transport von kontaminierten Materialien und Lebensmitteln durch Menschen eine grosse Rolle», schreibt die Regierung.
Blutproben werden untersucht
Im Rahmen eines nationalen Früherkennungsprogramms würden im Aargau bei tot aufgefundenen Wildschweinen und bei Hegeabschüssen Blutproben entnommen und in Labors untersucht, hält die Regierung fest.
Dabei hätten die Jagdaufseher eine wichtige Aufgabe, zudem seien die Jäger bereits im August 2017 über die Afrikanische Schweinepest und die notwendigen Vorsichtsmassnahmen informiert worden. Auch in der Jagdausbildung sei das Thema bereits eingebaut, Merkblätter seien auf der Website der kantonalen Jagdfachstelle aufgeschaltet.
Darüber hinaus führe der Veterinärdienst regelmässig Seuchenbekämpfungsübungen durch, oft mit dem kantonalen Katastrophen Einsatzelement. Im Sommer 2017 sei «die Reinigung und Desinfektion eines Schweinestalls nach den Vorgaben der Seuchenbekämpfung geübt» worden.
Jagd als Präventionsmassnahme
Hansjörg Erne sagte bei der Behandlung der Interpellation im Grossen Rat: «Es mag stimmen, dass die Einwanderung von Wildschweinen nicht der Hauptgrund einer Einschleppung der Afrikanischen Schweinepest ist.»
Wenn die Wildschwein-Population in einem Gebiet aber sehr hoch sei, komme es zu grösseren Wanderungen von Rotten, was die Verbreitung der Krankheit fördere. «Daher wären kleinere Bestände durchaus eine gute Präventionsmassnahme.»
Der Landwirt hielt weiter fest, er sei mit der Mehrheit der Jäger und Jagdgesellschaften zufrieden. «Aber es ist eine Tatsache, dass es in unserem Kanton Gebiete gibt, in denen die Schäden durch die Wildschweine ein nicht zu akzeptierendes Ausmass haben.»
Vorteile dank Drohnen?
Erne schlug zudem vor, bei der Wildschweinjagd künftig auch Drohnen und Wärmebildkameras einzusetzen. Diese technischen Hilfsmittel würden heute schon verwendet, Wärmebildkameras kämen in Jagdrevieren mit Schwarzwild häufig zur Anwendung, hielt der Regierungsrat dazu fest.
Die Nutzung von Drohnen sei nur in Einzelfällen für eine effiziente Jagd hilfreich. Wirkungsvoller ist aus Sicht der Regierung der Einsatz von Nachtzielgeräten, diese sollen ab 2019 auch Private kaufen und nutzen können. Zurzeit läuft laut der Regierung mit sechs Jagdgesellschaften in zwölf Jagdrevieren ein Pilotversuch.
Dies sieht Hansjörg Erne anders, bei der Behandlung seiner Interpellation im Rat sagte er: «Drohnen sind unter anderem als Schutz für die Wildtiere förderlich.» Dies, weil ein Waldgebiet mit der Drohne und der Wärmebildkamera auf Wildschweine abgesucht werden kann. «Wenn sich darin nur Füchse und Hasen aufhalten, braucht dieses Gebiet nicht bejagt zu werden.»