
Alle Umweltziele verfehlt: Redet der Bund die Bauern schlecht?
Die Bauern sind unter Beschuss. Ein Bericht des Bundesamts für Umwelt zeigte diesen Sommer, dass Rückstände von Pestiziden im Grundwasser weit verbreitet sind. Der Befund kommt für die Bauern zu einem heiklen Zeitpunkt: Gleich zwei Initiativen nehmen den Pestizid-Einsatz ins Visier. Beide sind noch im Parlament hängig, der Bauernverband hat jedoch bereits eine Gegenkampagne lanciert.
Ein Argument, das in der Debatte dazu immer wieder fällt: Die Landwirtschaft verfehle alle Umweltziele, daher brauche es weitere Massnahmen. Im Parlament sagte etwa GLP-Nationalrätin Kathrin Bertschy: «Jedes Jahr investieren wir Milliarden von Franken in eine Landwirtschaft, welche kein einziges der Umweltziele erreicht.»
Auch andere Nationalräte zogen mit diesem Argument ins Feld. Sie stützen sich dabei auf den Bund. Die Bundesämter für Umwelt und für Landwirtschaft kamen 2016 im «Statusbericht» zum Schluss, die Landwirtschaft habe bisher keines der dreizehn Umweltziele, die der Bund vorgegeben hat, vollumfänglich erreicht. So steht es auch in der Botschaft zur Trinkwasser-Initiative. Laut Bundesamt für Landwirtschaft gilt die Aussage nach wie vor.
Bauern am Pranger
Nur: Verfehlt die Landwirtschaft tatsächlich alle Umweltziele? Bauernnahe Nationalräte werfen dem Bund vor, er rede die Landwirtschaft schlecht. CVP-Nationalrat Leo Müller prangert in einer Interpellation die «fragwürdige Kommunikation» an. Unterzeichnet wurde sein Vorstoss unter anderem von Markus Ritter (CVP), Präsident des Bauernverbands.
«Es scheint, als wolle man die Bauern in die Pfanne hauen», sagt Müller, der im Vorstand des Luzerner Bäuerinnen- und Bauernverbands ist. «Die Kommunikation ist nicht fair.» Denn erstens sei die Aussage veraltet. Zweitens sei die Beurteilung hart, denn manche der 39 Unterziele würden durchaus erfüllt.
sagt Müller, der im Vorstand des Luzerner Bäuerinnen- und Bauernverbands ist. «Die Kommunikation ist nicht fair.» Denn erstens sei die Aussage veraltet. Zweitens sei die Beurteilung hart, denn manche der 39 Unterziele würden durchaus erfüllt.
Ein Beispiel: Beim Phosphorgehalt hält der «Statusbericht 2016» fest, bei vielen grossen Seen sei das Ziel erreicht; bei manchen wie beim Zuger- und Hallwilersee jedoch nicht. Und bei den kleinen Seen fehle eine Übersicht. Das Fazit des Bundes: Das Umweltziel bei Phosphor wird verfehlt.
Insgesamt wurden laut dem Statusbericht sieben der 39 Unterziele erfüllt, bei neun war keine Aussage möglich, wie Müller festhält. Das Bundesamt für Landwirtschaft bestätigt das. Es hält aber daran fest, dass bisher keines der Umweltziele vollständig erreicht ist.
«Als wäre nichts geschehen»
Zudem kritisiert Müller, dass der Statusbericht von 2016 stammt. Seither habe sich einiges getan, etwa mit dem «Aktionsplan Pflanzenschutz». «Der Bund aber kommuniziert die Resultate, als wäre seither nichts geschehen.» Es sei «nicht Aufgabe von einzelnen Bundesämtern, Politik zu betreiben», moniert er.
Seine Kritik zielt auf das Bundesamt für Umwelt. Es hat die Bauern diesen Sommer bereits verärgert, als es die Auswirkungen der Trinkwasser-Initiative als gering beschrieb. Der Bundesrat hingegen warnt vor «weitreichenden, schädlichen Folgen».
«Kritik von links: Handeln statt hadern»
Kein Verständnis für Müllers Vorstoss hat die St. Galler SP-Nationalrätin Claudia Friedl. Statt die Kommunikation zu kritisieren, müsse man handeln, fordert die Umweltnaturwissenschafterin: «Wir hören fast täglich Nachrichten über das Insektensterben, den Verlust von Biodiversität und Pestizide in Gewässern.» Die Frage sei daher vielmehr, ob die Bauern weitere Instrumente bräuchten, damit die Umweltziele erreicht werden.
Dass es zum Teil Verbesserungen gab, streitet Friedl nicht ab. Auch gebe es Unterschiede zwischen den einzelnen Bauern. «Aber im Ganzen muss man feststellen: Die Umweltziele werden nicht erreicht.» Die Bevölkerung dürfe erwarten, dass sich dies bessere.
«Das wird verschwiegen»
Müller weist den Vorwurf, es werde zu wenig gemacht, zurück. Die Landwirtschaft handle sehr wohl, zum Beispiel mit dem «Aktionsplan Pflanzenschutz», aber auch etwa beim Einsatz von Antibiotika, dessen Verbrauch sich in den letzten zehn Jahren halbiert habe. «Das alles wird verschwiegen», so Müller. Und: Es brauche Zeit. Der Luzerner fügt an: