Allen Unkenrufen zum Trotz: Laut Axpo ist die Energiewende ohne Stromlücke machbar – kostet aber 11 Milliarden Franken

Die Abfuhr für das CO2-Gesetz, das bundesrätliche Nein zum EU-Rahmenvertrag und damit zu einem bilateralen Stromabkommen sowie die weltweit steigenden Energiepreise haben das Stromdossier ganz nach oben auf die Agenda katapultiert, Politiker aller Parteiencouleur überbieten sich mit Vorschlägen, wie nun die angedrohte Stromlücke zu überbrücken sei. Nun mischt sich mit der Axpo auch der grösste Stromkonzern in die Diskussion ein – und hat am Donnerstag ein eigenes Szenario für 2050 präsentiert.

Sein Fazit: Die Energiewende ist machbar – und das ohne Blackouts. Oder in den Worten von Axpo-Chef Christoph Brand: «Wir kriegen das hin». Gemäss Axpo-Annahmen wird der Strombedarf bis 2050 um 35 Prozent steigen – etwa aufgrund der Zunahme von Elektroautos aber auch wegen der wachsenden Bevölkerung. Axpo geht weiter davon aus, dass die Schweiz weiterhin einen gewissen Stromanteil im Winter importieren kann. Aber es braucht hierzulande einen «starken Ausbau» von Solaranlagen auf den Dächern und im alpinen Raum sowie von Wind-, Geothermie- und Biomasse-Anlagen. Denn laut den Berechnungen der Axpo steigt der Stromverbrauch stärker als dies der Bund prognostiziert. Dessen Rechnungen seien «zu optimistisch», sagt Brand.

Laufzeiten von 60 Jahren für die AKW

Laut Axpo braucht es zur Bewältigung der Winterlücke noch zusätzliche Gaskraftwerke – aber erst nach 2040, wenn die AKW nach 60 Jahren Laufzeit abgestellt werden. Der Bund dagegen rechnet in seinen Energieperspektiven noch immer mit Laufzeiten von 50 Jahren.

Der Ausstieg aus der Kernenergie ist für die Axpo dabei ebenso unbestritten wie das Ziel netto null bis 2050. Es gebe keine einzelne Technologie oder Massnahme, die das Problem integral lösen könnte, schreibt Axpo, und weiter:

«Nur mit einem Zusammenspiel gelingt eine sichere Energiewende.»

Für die Wintermonate geht Axpo von deutlich weniger Importen aus als die Strommarkt-Aufsichtsbehörde Elcom: Diese rechnet mit bis zu 14 Terawattstunden (TWh). Axpo beschränkt sich im Szenario auf 10 TWh. Gerade die Frage, wie viel Strom die Schweiz im Winter importieren kann, ist für die Versorgungssicherheit zentral. Hier drohen aufgrund des zusätzlichen Strombedarfs in den umliegenden Ländern und aufgrund fehlender Stromabkommen die grössten Probleme für die Schweiz.

Pessimistischer als der Bund bei der Wasserkraft

Wenig optimistisch zeigt sich der Stromkonzern bei der Wasserkraft. Diese soll zwar bis zu zwei Wochen Stromreserven im Winter bereitstellen. Anders als der Bund hält Axpo einen Zubau für zu optimistisch. Ein Verharren auf dem heutigen Niveau sieht Axpo bereits als Erfolg an. Denn während es zu einem gewissen Zubau kommen könnte, dürften Auflagen des Gewässerschutzes wiederum für einen Rückgang der Produktion sorgen.

Technisch sei die Energiewende problemlos möglich, betont Brand. «Wir müssen aber ausbauen dürfen und wir müssen ausbauen können.» Möglich sei der Zubau nämlich nur, wenn die Bewilligungsverfahren «substanziell» beschleunigt werden können. Zudem brauche es Subventionen, solange der CO2-Ausstoss bei den fossilen Energieträgern nichts koste und diese deshalb zu günstig seien.

Zusätzliche Kosten von 11 Milliarden Franken

Finanzieren will Axpo den Ausbau über den Netzzuschlagsfonds, der heute gespeist wird mit 2,3 Rappen pro Kilowattstunde (kWh). Dieser müsse sich bis 2046 mit maximal 11 Milliarden Franken verschulden können. Was aber zur Zeit nicht möglich ist. Diese Berechnung ist abhängig vom Strompreis. Die Axpo rechnet 50 Franken pro Megawattstunde, liegt er tiefer, dann wird der Verschuldungsgrad auch höher ausfallen. Aber wie hoch auch immer die Verschuldung ausfallen würde, gemäss Axpo sollte sie danach wieder absinken.

Der Stromkonzern hat zudem das Online-Tool «Power-Switcher» entwickelt, einen Rechner, mit dem alle Interessengruppen ihre Szenarien berechnen können.