An die Urne statt in den Gemeindesaal

In diesen Wochen hätten die Gemeindeversammlungen stattgefunden. Statt an einer Versammlung können die Stimmbürger nun vielerorts über Vorlagen an der Urne befinden. Letzten Sonntag waren in Staffelbach die Ortsbürger dran. Sie haben über den Verkauf des Mutschlihaus abgestimmt. Diesen Sonntag entscheiden die Einwohner von Uerkheim über drei Verpflichtungskredite. In einem «normalen» Jahr wären diese Teil der Traktanden der Gmeind.

Während an einer Gemeindeversammlung oft weniger als 10 Prozent der stimmberechtigten Einwohner teilnehmen, gibt es an der Urne bei Abstimmungen regelmässig Beteiligungen von 30 bis 40 Prozent und mehr. 

Ist also die Urnenabstimmung die bessere Gemeindeversammlung, weil so mehr Leute ihre demokratischen Rechte ausüben? Wäre die Teilnehmerzahl das einzige Kriterium, müsste dies klar mit Ja beantwortet werden. Die Gemeindeversammlung ist aber so viel mehr als das. Sie ermöglicht auch das Führen des politischen Diskurses und hilft, den Zusammenhalt in der Gemeinde zu pflegen – beispielsweise beim anschliessenden Apéro.

Aber: Wer von den wenigen Stimmberechtigten, die an der Gemeindeversammlung teilnehmen, hat sich schon einmal zu Wort gemeldet? Viele Traktanden werden genehmigt ohne dass jemals darüber diskutiert wird. Solche Themen verlängern eine Gemeindeversammlung unnötig – und machen sie darum unattraktiv. Würde an einer Urnenabstimmung darüber abgestimmt, bliebe an der Gemeindeversammlung mehr Zeit für das, was die Stimmbürger wirklich beschäftigt und worüber sie auch diskutieren wollen.

Will die Demokratie attraktiv bleiben, muss auch sie neue Wege ausprobieren. Die Corona-Krise öffnet dafür die Türen. Plötzlich sind Dinge, die vorher als nicht machbar galten, Realität. Was das Home-Office in der Arbeitswelt ist, kann in der Politik die Urnenabstimmung über bestimmte Gmeinds-Traktanden sein.