Apotheker und Krankenkassen wollen die Medikamentenkosten senken – doch der Plan hat Nebenwirkungen

Die Diskussion um Einsparungen im Gesundheitswesen ist in der Coronakrise verstummt. Doch nun gibt es zumindest bei den Medikamentenpreisen Bewegung. Der Krankenkassenverband Curafutura und der Apothekerverband Pharmasuisse wollen über 200 Millionen Franken einsparen. Der Vorschlag setzt beim Vertriebsanteil der rezeptpflichtigen Medikamente an. Dieser Betrag bestimmt wie viel ein Arzt oder ein Apotheker beim Verkauf eines Arzneimittels verdient. Gleichzeitig wollen die beiden Verbände auch den Apothekentarif überarbeiten. Dieser deckt zusätzlich zur Vertriebsmarge Kosten der Apotheker ab, die beim Verkauf von Medikamenten anfallen.

Fabian Vaucher ist Präsident des Apothekerverbands Pharmasuisse.

Fabian Vaucher ist Präsident des Apothekerverbands Pharmasuisse.

© Pressedienst

Die heutige Vertriebsmarge bringt einen groben Fehlanreiz mit sich. Nicht in jedem Fall, aber im Grundsatz gilt: Je teurer ein Medikament, desto höher ist der Verdienst der Apotheker und Ärzte. Rheuma-Medikamente sind als Beispiel deutlich lukrativer als simple Kopfwehtabletten. «Wären alle Präparate, die wir verkaufen, aus dem tiefpreisigen Segment könnten wir unsere Kosten nicht einmal ansatzweise decken», sagt Fabian Vaucher, Präsident des Apothekerverbands.

Billige Schmerzmittel würden deutlich teurer

Mit dem heutigen System fehlt insbesondere der Anreiz, statt den teureren Originalpräparten günstigere Generika zu verkaufen. Hier bestehe ein zusätzliches Sparpotenzial von rund 200 Millionen Franken, würden vermehrt Generika eingesetzt, sagt Vaucher.

Der Vorschlag der beiden Verbände sieht vor, dass neu pro Medikament ein fixer Zuschlag von 9.45 Franken fällig wird. Heute variiert dieser zwischen vier und 240 Franken, abhängig vom Preis des Medikaments. Hinzu kommt der variable Teil, der 3 Prozent des Preises beträgt, den der Hersteller des Arzneimittels erhält. Neu soll die Marge maximal 300 Franken betragen.

Was heisst das nun für die Konsumenten? Mit dem Systemwechsel würden billige Medikamente mehr kosten, mittelteure und Hochpreis-Arzneimittel dagegen weniger. So würde etwa einer 16er-Packung des bekannten Schmerzmittels Dafalgan 12.50 Franken kosten, statt 7.20 Franken wie heute. Das entspricht einem Aufschlag von 73 Prozent. Der Preis des Asthma-Inhalators Ventolin würde von 8.75 auf 13.95 Franken steigen (+59 Prozent). Dagegen wäre etwa der Cholesterinsenker Crestor rund 15 Franken günstiger zu haben und kostet 104.95 Franken. Der Systemwechsel brächte gerade für chronisch Kranke mit teuren Medikamenten eine Entlastung.

Pius Zängerele ist Direktor des Krankenkassenverbands Curafutura.

Pius Zängerele ist Direktor des Krankenkassenverbands Curafutura.

© Chris Iseli / THE

Es sei nicht bestreiten, dass gewisse Medikamente etwas teurer würden, sagt Pius Zängerle, Direktor von Curafutura. Doch mit dem neuen Modell könnten künftig auch günstige Präparate kostendeckend verkauft werden, was heute nicht der Fall sei. Zudem spare der Vorschlag Geld und fördere den Verkauf von Generika.

Nun ist der Bundesrat am Zug

Gleichzeitig wollen die beiden Verbände den Apothekertarif neu regeln. Künftig sollen die Apotheken für den Verkauf von rezeptpflichtigen Medikamenten und die Beratung der Kunden mehr Geld erhalten. Auch hier soll es zu mehr Kostenwahrheit kommen. «Heute zahlt jeder Kunde in der Apotheke den gleichen Tarif, egal wie viel Zeit er in Anspruch nimmt», sagt Vaucher. Neu wird die Beratung teurer, je aufwendiger sie ist. Als Beispiel nennt Vaucher etwa einen Patienten, der aus dem Spital entlassen wurde, mehrere Medikamente benötigt und vielleicht gewisse Präparate umstellen muss.

bei der Vertriebsmarge gespart wird, erhöht sich also der Apothekertarif. Unter dem Strich bleiben jährliche Einsparungen von über 200 Millionen Franken – so die Prognose der beiden Verbände. Ob der Kompromiss zwischen Curafutura und den Apothekern auch bei den Ärzten verfängt, ist offen. In 17 Deutschschweizer Kantonen dürfen Ärzte Medikamente verkaufen. Gespräche mit dem Verband Ärzte mit Patientenapotheke seien angelaufen, sagt Zängerle.

Der neue Apothekertarif wird nun dem Bundesrat eingereicht, der diesen genehmigen muss. Bei der Vertriebsmarge hat der Bundesrat im Herbst 2018 zwei Vorschläge vorgelegt, für die er aber nur wenig Unterstützung fand. Ob der Bundesrat nun auf das Modell von Curafutura und Pharmasuisse umschwenkt, ist offen. Der neue Apothekertarif mache aber nur Sinn, wenn der Bundesrat auch auf den Vorschlag zu den Vertriebsmargen einschwenke, sagt Curafutura-Direktor Zängerle.