Arbeit oder Freizeit? So gehen im Aargau Verwaltung, Firmen und Schulen mit dem Nati-Auftritt um

Der Satz klingt ziemlich bürokratisch, doch für die Fussballfans unter den Kantonsangestellten ist er ein Grund zur Freude: «Wenn es die vorgesetzte Stelle erlaubt und die Funktionsbereitschaft der einzelnen Organisationseinheiten sichergestellt ist, dürfen die Mitarbeitenden heute früher Feierabend machen.»

Das sagt Claudia Penta, Sprecherin des Finanzdepartements, das beim Kanton für das Personal zuständig ist. Wer vor dem Bildschirm sitzt und Schweiz – Schweden schaut, muss die Arbeitszeit aber kompensieren. «In der Verwaltung haben wir an den meisten Orten gleitende Arbeitszeit, die Stunden müssen vor- oder nachgeholt werden», sagt Penta. Was die Übertragung angeht, gebe es keine verwaltungsweite Lösung. In einigen Kantinen, so im Tellihochhaus, wo das Finanzdepartement einquartiert ist, wird das Spiel via Beamer übertragen.

Gleitzeit hilft den Bankern
Bei der Aargauischen Industrie- und Handelskammer können Mitarbeitende das Spiel im Sitzungszimmer schauen. Allerdings erst «die zweite Halbzeit ab 17 Uhr», wie AIHK-Geschäftsleiter Peter Lüscher sagt. Auch in der Cafeteria der Aargauischen Kantonalbank in Aarau wird heute Nachmittag mit der Schweizer Nati mitgefiebert. Dort wird eine Übertragung organisiert, zudem dürfen AKB-Angestellte «in den Bankräumlichkeiten an allen TV-fähigen Bildschirmen (ab 16.00 Uhr und nicht in der Schalterhalle)» das Spiel schauen, wie Sprecherin Sandra Aebli mitteilt. Im Rahmen der Gleitzeitregelung gebe es bei der Bank auch die Möglichkeit, früher Feierabend zu machen.

Die NAB als grosse Sponsorin des Fussballs im Aargau habe Verständnis für die fussballbegeisterten Mitarbeitenden aus vielen Nationen, sagt Sprecher Roland Teuscher. Die Bank überlässt es den Teams an den jeweiligen Standorten, wie diese sich organisieren. Klar ist aber: «Die Mitarbeitenden der NAB schauen sich das Spiel in ihrer Freizeit an.» Auch Teuscher verweist auf die Gleitzeit und sagt, die Mitarbeiter könnten sich einrichten. Bei beiden Banken gilt die Regel, dass das Tages-geschäft trotz WM-Spiel bis zum regulären Geschäftsschluss laufen muss.

Bei Coop freut man sich über den Erfolg der Schweiz und drückt dem Team im Achtelfinal die Daumen. «Wenn Mitarbeitende das Spiel sehen wollen, können sie sich an ihre Vorgesetzten wenden und wir suchen eine Lösung», sagt Sprecherin Andrea Bergmann. Dies gelte nicht als Arbeitszeit, auch nicht für Angestellte der Coop-Verwaltung. «Wir wollen gerecht und fair sein zu den über 90 Prozent unserer Mitarbeitenden, die in Verkauf oder Logistik arbeiten und keine Möglichkeit haben, am Arbeitsplatz fernzusehen.»

Bei der Migros Aare gibt es keine speziellen Reglemente für die Fussball-WM, wie Sprecherin Andrea Bauer erklärt. «Unsere Mitarbeitenden und ihre Vorgesetzten wissen damit umzugehen, wo die Arbeit endet und die Pause oder die Freizeit beginnt», sagt sie.

In den Unterricht integrieren
Und wie sieht es an den Schulen aus? «Es gibt nicht einfach schulfrei für das Spiel, aber wenn Schülerinnen und Schüler den Match sehen wollen, werden die Lehrpersonen kreative Lösungen finden», sagt Philipp Grolimund, Co-Präsident des Schulleiter-Verbands. In dieser Woche gelten vielerorts Spezialstundenpläne, Vorbereitungen auf Jugendfeste und Abschlussfeiern laufen, insofern ist der Freiraum grösser als sonst. «Man soll aber keine Schüler zwingen, das Spiel zu schauen, das schulische Angebot muss gewährleistet sein – es gibt sicher auch Schüler, welche der Match weniger interessiert.»

Eine kreative Lösung könnte laut Elisabeth Abbassi, Präsidentin des kantonalen Lehrerverbandes, die Behandlung des Spiels im Unterricht sein. «Es gibt Themen wie Integration oder die sportliche Leistung, die sich anbieten.» Wenn eine Schule aus dem Spiel einen Event mache, der die Zusammengehörigkeit fördere, dürfte niemand etwas dagegen haben. «Zudem läuft in der letzten Woche an vielen Schulen nicht mehr viel und nach 16 Uhr betrifft es nur noch eine Lektion», sagt sie.