
Asyl-Grossunterkunft: «Langfristig lieber ein Ausschaffungs- statt ein Integrations-Kanton»

Der Kanton Aargau hat Rothrist als einen von acht möglichen Standorten für eine Grossunterkunft für Asylsuchende ausgesucht. Die Gemeinde Rothrist und die Arbeitsgruppe Asyl des Regionalverbands zofingenregio wurden fast gleichzeitig mit den Medien orientiert – das sorgte für heftige Kritik. Martina Bircher (SVP), Vorsteherin der Arbeitsgruppe Asyl bei zofingenregio, sagt im Interview warum.
Was war Ihre Reaktion, als Sie vom Vorhaben des Kantons erfuhren?
Martina Bircher: Ich hatte ein Déjà-vu, es kam mir vor wie 2014, als der Kanton das Asylzentrum in Aarburg eröffnete.
Was hätte sich an der Ausgangslage geändert, wenn zofingenregio und die involvierten Gemeinden vorzeitig davon erfahren hätten?
Für mich ist das eine Frage des gegenseitigen Vertrauens. So wurden die Gemeinde Rothrist erst am Vorabend und der Regionalverband zofingenregio ein paar Minuten vor den Medien informiert. Ein frühzeitiger und gegenseitiger Dialog hätte Vertrauen geschaffen und man hätte auf gleicher Augenhöhe diskutieren können.
Warum orientiert der Kanton in Sachen Asyl immer kurzfristig?
Da müssen Sie das Departement fragen, es scheint aber Strategie zu sein.
Haben Sie anlässlich der gestrigen Sitzung im Grossen Rat mit der zuständigen Regierungsrätin Franziska Roth (SVP) darüber sprechen können?
Nein, ich habe sie noch nicht gesehen.
Wie beurteilen Sie persönlich den Standort Rothrist?
Ich denke der Kanton weiss selber, dass dieser Vorschlag unrealistisch ist. Es würde mich wundern, wenn die Gemeinde dieses Land an zentraler Lage für diesen Zweck veräussern würde.
Wie gross schätzen Sie die Wahrscheinlichkeit ein, dass dieser Standort überhaupt ausgewählt wird?
Ich hoffe doch für die Gemeinde wie auch für den ganzen Bezirk, dass dies unwahrscheinlich ist. Da es sich um gemeindeeigenes Land handelt, hat es die Gemeinde Rothrist selbst in der Hand. Ich gebe aber zu bedenken, dass dies auch bei den übrigen Gemeinden der Fall ist, die Absicht des Kantons habe ich daher noch nicht verstanden.
Was nun ist das weitere Vorgehen der Arbeitsgruppe Asyl von zofingenregio?
Wir werden an der nächsten Sitzung gemeinsam besprechen, wie wir die Gemeinde Rothrist unterstützen können. Meine persönliche Meinung ist, dass eine Grossunterkunft negative Langzeitfolgen für die ganze Region mit sich bringen würde. Der Bezirk Zofingen trägt schon genug Lasten, was auch der kantonale Finanzausgleich zeigt. Eine Grossunterkunft in der Region würde noch mehr Belastungen mit sich bringen, da davon auszugehen ist, dass diese Personen auch in der Region sesshaft werden, sobald sie freie Wohnsitzwahl haben.
Wie würden Sie das Problem der Asylunterkünfte im Aargau lösen?
Gerade in diesem emotionalen Bereich kann man es nie allen Beteiligten recht machen, das muss man sich immer bewusst sein. Langfristig gesehen wäre es mir lieber, wenn der Kanton Aargau ein Ausschaffungs- statt ein Integrationskanton wäre. Mit dem beschleunigten Asylverfahren, das 2019 in Kraft tritt, wird uns der Bund ohne das geplante Ausschaffungszentrum Personen mit Bleiberecht oder vorläufiger Aufnahme schicken. Diese werden im Kanton bleiben. Die Gemeinden werden vor grosse Herausforderungen gestellt, ich denke da an höhere Sozialhilfekosten, aber auch die ganze Problematik im Schulbereich.