Auch heissblütige Schweizer gibt es

Die Schweizer gelten gemeinhin als fleissig, eher ruhig, bedacht und werden im Ausland sogar manchmal als langweilig beschrieben. An jedem Klischee hängt bekanntlich eine Prise Wahrheit, aber jedes Klischee überzeichnet auch und trifft bei weitem nicht auf alle zu. Das wurde mir anlässlich des Fussballspiels des SC Zofingen gegen AC Taverne wieder einmal vor Augen geführt. Obwohl auch die Tessiner – zumindest auf dem Papier – zur Schweiz gehören, erfüllen sie die Klischees definitiv nur zu einem kleinen Teil. Zuerst liessen auf dem Platz die Spieler der AC Taverne nichts anbrennen, dann nahm der Trainer – nach einem allerdings auch fragwürdigen Penaltyentscheid gegen sein Team – den Mund etwas zu voll und wurde auf die Tribüne geschickt und schliesslich hatten sich einzelne Fans auch Minuten nach dem Schlusspfiff noch nicht beruhigt. Einer war ganz nahe am Herzinfarkt. Obwohl ich kaum ein Wort italienisch spreche, verstand ich sämtliche Hauptbestandteile seiner Ansprache. Zu einem grossen Teil war sein Vortrag eine Aneinanderreihung von Schimpfwörtern. Dran glauben mussten die Schiedsrichter, die gegnerischen Spieler, die Betreuer und die Zofinger Zuschauer. Einige der Angegriffenen liessen sich auf einen Dialog ein, andere liessen das «Rumpelstilzchen» aus dem Tessin einfach stehen. Wie langweilig muss das Leben dieses älteren Mannes wohl sein, dass er sich so über ein an sich ganz normales Fussballspiel aufregen kann. Die Heissblütigkeit der «Südländer» mag eine Erklärung sein, eine Entschuldigung ist es aber nicht.

P.S.: Lieber Fussball-, Handball- oder was auch immer für ein Sportverband, die Regelung mit dem Platzverweis der Trainer müsste definitiv überdacht werden. Heute verfügt jede und jeder über mindestens ein Mobiltelefon und der Kontakt zwischen Tribüne und Spielerbank klappt draht- und problemlos.

 

Die Achillesferse stammt als Begriff aus der griechischen Mythologie: Sagenheld Achilleus war nur an der rechten Ferse verwundbar. Verletzliche Stellen im System sind auch Thema dieser Kolumne.