
Auf Studer folgt Studer — Vater und Tochter haben aber ihre eigenen politischen Schwerpunkte
Es war der grösste Tag in der politischen Karriere der Lilian Studer. Am Sonntag schaffte es die 41-Jährige für die EVP in den Nationalrat. Nach zwölf Jahren hat die Kantonalpartei wieder einen Sitz in der grossen Kammer erobert. Das Besondere daran: Schon wieder ist es jemand aus dem Hause Studer.
Acht Jahre war Heiner Studer Nationalrat, bis 2007 die Abwahl folgte. Am Wahlsonntag fieberte der heute 70-Jährige mit seiner Tochter mit, zuerst im Aarauer Bullingerhaus, danach im Grossratskeller. Er habe stundenlang gebibbert, erzählt Heiner Studer. «Erst nach sechs, sieben ausgezählten Bezirken konnte ich es wirklich glauben: Ja, Lilian gewinnt diesen Sitz.» Als es dann tatsächlich so weit war, umarmten sie sich. «Es war ein Moment voller Dankbarkeit.»
Vater und Tochter leben im selben Haus
Dass die EVP ihren Sitz zurückhabe, freue ihn, sagt Studer. Dass der Sitz in der Familie bleibt, umso mehr. Vater und Tochter sehen sich noch oft, leben in Wettingen gar im selben Haus: Lilian Studer wohnt in der abgegrenzten Parterre-Wohnung. «Wir haben es nicht weit, wenn wir mal was voneinander brauchen», sagt Heiner Studer.
Er erinnere sich, dass Lilian von Anfang an wie selbstverständlich mit Politik aufgewachsen sei. In ein politisches Amt gedrängt habe er sie jedoch nie, betont Studer. Weder als sie vor 17 Jahren für den Grossen Rat kandidierte, noch jetzt, als sie sich für den Nationalrat aufstellen liess. «Es war mir wichtig, dass das von ihr selber aus kommt.»
Genau so wenig werde er jetzt versuchen, ihr seine inhaltliche Agenda aufzudrücken. «Ich hatte meine Schwerpunkte, Lilian hat ihre eigenen.» Sie beide seien Generalisten, welche die grossen Zusammenhänge sehen, sagt Studer. In Bern empfiehlt er ihr dennoch, sich in spezifischen Themenbereichen zu profilieren. So wie er das etwa selber bei der Abschaffung der Gewissensprüfung für den Zivildienst getan habe. Und ganz wichtig: «Lösungsorientiert arbeiten. Damit fährt man am besten.»
Dran bleiben, nicht locker lassen – auch das Dinge, die er seiner Tochter mit auf den Weg geben will. «In der Politik braucht es einen langen Schnauf», weiss er aus Erfahrung. Über 40 Jahre hat Heiner Studer aktiv in der Politik verbracht. Verleidet sei es ihm nie. Nicht einmal, als er vor zwölf Jahren seinen Platz als Nationalrat räumen musste. Dazu meint Studer: «Es gibt Dinge, die man als Politiker nicht in der eigenen Hand hat.»
Studers Mitgefühl für BDP-Mann Bernhard Guhl
Umso mehr fühlt der Wettinger mit Bernhard Guhl mit. Der BDP-Nationalrat wurde abgewählt, zugunsten von Lilian Studer. Heiner Studer erzählt, er habe am Sonntagabend das Gespräch mit Guhl gesucht. «Ich habe ihm gesagt, er müsse die positiven Dinge in Erinnerung behalten, nicht den negativen Schlusspunkt.»
Wie es mit Guhl und seiner Partei weitergeht, ist indes noch unklar. Der Aargauer BDP-Präsident Roland Basler wiegelt Fragen nach einer möglichen Parteiauflösung ab: «Wir dürfen jetzt nicht emotional reagieren, sondern müssen in aller Ruhe über die Bücher gehen.» Nach dem Rücktritt von Bundesrätin Eveline Widmer-Schlumpf habe die BDP ein Stück weit ihre Geschichte verloren, sagt Basler. Selbstkritisch meint er: «Wir haben es nicht geschafft, genug Emotionen nach aussen zu transportieren.»
Bernhard Guhl deutete noch am Sonntag an, dass er sein Pensum als Elektroingenieur wieder aufstocken wolle. Einer anderen Partei wird er sich kaum anschliessen: «Die BDP ist wie ein zusätzliches Baby neben meinen beiden Kindern. Ich bin nicht bereit, das Baby einfach so herzugeben.»