Aus der Hüfte geschossen

 

Chefredaktor Philippe Pfister über das Urteil des Bundesgerichts im «Fall Dubler».

Um es gleich zu Beginn klarzustellen: Wenn ich auf den folgenden Zeilen auf der Fall Walter Dubler eingehe, dann geht es nicht darum, den ehemaligen Gemeindeammann von Wohlen über Gebühr in Schutz zu nehmen. Dubler hat bekanntlich Sitzungsgelder zurückgehalten, die er der Gemeinde hätte abliefern müssen. Und er hat eigenmächtig veranlasst, dass mehr Geld in seine Pensionskasse floss als ihm aufgrund seines Lohnes zustand. Von einem Gemeindeammann erwarten die Bürgerinnen und Bürger, dass er es mit jedem Franken pingelig genau nimmt; Grautöne gibt es hier nicht. Dass er seinen Job los ist, ist unter dem Strich richtig. Allerdings ist Dubler nicht der Einzige, der in dieser Causa eine schlechte Falle macht. Ein paar unangenehme Fragen muss sich nun auch das Aargauer Obergericht stellen. Dieses hatte Dubler im September 2016 in zweiter Instanz schuldig gesprochen, und zwar wegen mehrfachen Betrugs und ungetreuer Geschäftsbesorgung.

Nun hat das Bundesgericht das Obergericht in beiden Punkten zurückgepfiffen, und zwar in einer Klarheit, die bei Lektüre des Urteils nachdenklich stimmt. Mit dem Nicht-Abliefern von Sitzungsgeldern habe Dubler wohl seine Pflicht verletzt – daraus lasse sich indes «nicht unbesehen ableiten, der Beschwerdeführer habe sich auch des Betruges schuldig gemacht». Was hier etwas verklausuliert formuliert ist, lässt sich zugespitzt auch so ausdrücken: Die rechtliche Würdigung des Betrugsvorwurfs durch das Obergericht war schlampig. Ähnliches gilt für den Vorwurf der ungetreuen Geschäftsbesorgung. Das eigenmächtige Vorgehen Dublers bei dessen Pensionskassengeldern sei zwar «eine Nachlässigkeit in der Amtsführung» und offenbare eine «Überschreitung seiner Weisungsbefugnis». Aber – und das wäre der zentrale Aspekt – «eine vorsätzliche Verletzung seiner Vermögensfürsorgepflicht lässt es nicht erkennen». Auch in diesem Punkt scheint das Obergericht sein Urteil aus der Hüfte geschossen zu haben.

Aus dem überzogenen Urteil gegen Dubler darf man freilich nicht auf die ganze Arbeit des Obergerichts schliessen – das wäre unfair und übertrieben. Nicht übertrieben ist die Forderung, dass das Obergericht jetzt den Rüffel aus Lausanne selbstkritisch analysiert.