«Azzurro» bot ein heisses Menu mit Calzone und Gelato

Nicht nur die politische Schweiz stand am Mittwoch mit der Wahl des neuen Bundesrats Ignazio Cassis ganz im Zeichen der italienischen Sprache, auch Musik & Theater Zofingen lud mit dem Liederabend «Azzurro» zu einem Feuerwerk an Italianità. «Wir starten die neue Saison dieses Jahr beschwingt bereits im September», freute sich Leiterin Cécile Vilas bei ihrer Eröffnungsrede und war sichtlich stolz, dass mit Daniel Rohr und Dietmar Loeffler «zwei Freunde des Stadtsaals» den Saisonauftakt absolvieren.

Im Gegensatz zu Ignazio Cassis, der sich nun auf dem Höhepunkt seiner Karriere befindet, tümpeln der Sänger Giovanni Calzone (Daniel Rohr) und sein Pianist Enzo Gelato (Dietmar Loeffler) in «Azzurro» stets noch in den Tiefen des Hotels Excelsior, wo sie den Massentouristen italienische Canzoni um die Ohren hauen. Tag für Tag, Woche für Woche, Monat für Monat. Die beiden träumen von einer internationalen Karriere, die ihnen jedoch verwehrt bleibt – auch als sich eine grosse Agentur ankündigte, um die beiden Liedanimatoren zu begutachten. Der grosse Erfolg will sich einfach nicht einstellen.

Cantare «Volare»

Rohr und Loeffler verwandeln den Stadtsaal während 75 Minuten kurzerhand in das «Festival della canzone italiana di Sanremo» – zwanzig Canzoni bekommt das in grosser Anzahl erschienene Publikum zu hören. Von Paolo Conte über Vasco Rossi, Lucio Dalla, Eros Ramazzotti bis zu Umberto Tozzi sind alle vertreten, die die italienische Musik geprägt haben. So verwundert es auch nicht, dass praktisch jedes Lied bekannt ist: «Buona Sera Signorina», «L’italiano», «Quando, Quando, Quando», «Azzurro», «Baila (Sexy Thing» und viele mehr werden intoniert. Dabei verausgeben sich Rohr und Loeffler intensiv, schnulzen bei den Liebesliedern und kommen bei den rockigen Songs dann derart aus sich raus, dass es eine wahre Augenweide ist.

Natürlich haben die Canzoni nicht dieselbe Wucht wie ihre Originale. Das ist bei einer reinen Klavierbegleitung numal gar nicht möglich. Die Neuinterpretationen aber zeigen die Lieder von einer ganz neuen Seite, werden teils gar aufgewertet und entzücken durch ein besseres Textverständnis. Da kann es, wie bei «Volare», schon auch vorkommen, dass das Publikum lauthals mitsingt.

Parabel auf das unerfüllte Leben

«Azzurro» besticht indes nicht nur durch das Musikalische, auch Schauspiel und Texte sind gleichberechtigt und famos dargebracht. Wenn Calzone und Gelato in der Garderobe in Unterhosen dastehen, ist dies nicht nur einfach eine weitere Szene des Stücks, sondern eine Parabel auf das unerfüllte Leben der beiden. Da nützt es auch nichts, dass Calzone von den Urlauberinnen als Sexsymbol angehimmelt wird. Sein Sinn für amouröse Bekanntschaften hält sich arg in Grenzen. Mit «Azzurro» zeigt Daniel Rohr einmal mehr seine breite Palette an Charakteren, die zu spielen er fähig ist. Dietmar Loeffler ist dabei nicht Zusatz, sondern gleichberechtigtes Mitglied mit enorm virtuosem Klavierspiel. Gerne hätte man ihnen länger zugehört, auch wenn sich der Stadtsaal selbst klimatisch immer mehr an Italien annäherte. Und schliesslich musste Rohr auch an seine weiteren Engagements denken, stand er am nächsten Morgen doch bereits für die Krimiserie» «Der Bestatter» wieder vor der Kamera.