
Bei Widmers aus Küngoldingen ist das ganze Jahr ein wenig Weihnachten
Der erste Schnee ist gefallen und es herrscht ein ständiges Kommen und Gehen rund um den Widmer-Hof mitten im Fürstentum Küngoldingen – wie der Oftringer Ortsteil von Einheimischen liebevoll genannt wird. Ein schmuckes und vielfältiges Angebot an Ästen und Zweigen für die schönsten Adventskränze steht zum Kauf, und obwohl der Dezember erst gerade begonnen hat, werden bereits schon erste Christbäume abgeholt. «Weihnachten beginnt tendenziell jedes Jahr ein wenig früher», sagt Thomas Widmer. «Der Kunde ist König, doch eigentlich ist es noch zu früh für den Kauf von Christbäumen», fügt der Küngoldinger Landwirt an, denn ein Christbaum sollte an Weihnachten möglichst frisch sein und nicht einen Monat in der Wohnung stehen.
«Auf den Weihnachtsbaum gekommen» sind Thomas und Sandra Widmer vor rund 20 Jahren. Per Gelegenheit. «Wenn mir Josef Heller vor 20 Jahren sein Geschäft nicht angeboten hätte, dann würde ich heute keine Tannenbäume anbauen», betont Thomas Widmer. Das Geschäft von Heller haben die Widmers im Verlauf der Zeit kontinuierlich ausgebaut. Heute ist Thomas Widmer der grösste private Christbaumproduzent in der Region.
Schweizer Christbäume kommen aus Kulturen
Das Geschäft mit den Tannenbäumen ist für die Familie Widmer, die sich hauptsächlich auf den Anbau von Früchten und Obst spezialisiert hat, ein ideales Zusatzgeschäft in der kalten Jahreszeit. Ihre Christbäume hegen und pflegen sie auf rund drei Hektaren an sieben Standorten in den Gemeinden Oftringen und Vordemwald. Den grössten Anteil bilden Nordmannstannen, dann folgen Rottanne und Blaufichte.
Mit diesen Strukturen ist Thomas Widmer ein typischer Schweizer «Tanneböimler». Rund 500 Landwirte sowie Forstbetriebe pflanzen die grosse Mehrheit der Schweizer Christbäume auf einer Fläche von insgesamt etwa 600 Hektaren in meist kleinflächigen Kulturen an, nur ein kleiner Teil der Bäume stammt direkt aus dem Wald. Die Schweizer Produzenten decken damit aber nur rund 40 bis 45 Prozent der Nachfrage ab, die Mehrheit der in der Schweiz gekauften Christbäume wird importiert – vor allem aus Dänemark, Deutschland und Holland. Wie viele Christbäume in der Schweiz jedes Jahr verkauft werden, lässt sich nicht genau sagen. Schätzungen gehen davon aus, dass es rund 1,2 bis 1,4 Millionen Weihnachtsbäume sein dürften.
Das ganze Jahr ein wenig Weihnachten
Auch wenn der Christbaumverkauf für Thomas Widmer «nur» – ein allerdings wichtiges – Zusatzgeschäft ist, so beschäftigen ihn die Weihnachtsbaum-Kulturen durchs ganze Jahr hindurch. «Ja, wir haben das ganze Jahr ein wenig Weihnachten», sagt der 47-jährige Küngoldinger und lacht. Das «Weihnachtsbaumjahr» beginne Ende März mit dem Pflanzen der neuen Bäumchen. «Wo einer geschnitten wurde, kommt ein neues Bäumchen hin.» Gesetzt werden vierjährige Setzlinge, die Widmer zukauft. Ab Mai müsse das Gras geschnitten werden, damit den Bäumen möglichst viel Wasser zur Verfügung steht. Zudem würden dann auch allfällige Korrekturschnitte ausgeführt. «Ich forme die Bäume allerdings relativ wenig», sagt Thomas Widmer, weil ihm während der Erdbeer-Saison dazu fast ein wenig die Zeit fehle. «Es gibt ja auch nicht DEN Weihnachtsbaum», betont Widmer. Die einen mögen ihn buschiger, die anderen suchen einen locker geasteten, die dritten wiederum einen einseitig gewachsenen … «Die Geschmäcker der Leute sind verschieden», sagt Widmer lachend, «und meine Bäume sind es auch.»
Im September werden die zum Verkauf vorgesehenen Bäume bereits markiert – mit einer Banderole der IG Suisse Christbaum und einer eigens hergestellten Verkaufsflagge. «En ächte Schwiizer – aus eigenen Kulturen vom Widmer-Hof» steht drauf. Ende November, anfangs Dezember setzt die strengste Zeit ein. Dann werden zuerst Deckäste und Zweige für Deko und Weihnachtskränze geschnitten, etwas später die ersten Christbäume. «Geschnitten wird fortlaufend, ganz nach Bedarf», erklärt Thomas Widmer, «so hat unsere Kundschaft die Gewissheit, dass die Bäume frisch in den Verkauf kommen.»
Wer weiter denkt,kauft näher ein
Einheimische Christbäume werden in der Regel wesentlich umweltfreundlicher produziert als ihre ausländische Konkurrenz, denn in den meist kleinflächigen Kulturen müssen weniger Hilfsstoffe eingesetzt werden als in Grossbetrieben. Und auch die weiten Transportwege entfallen.
Wer die Umwelt schonen will, kauft lokal ein. Ein Problem könne allenfalls der Lausbefall sein, gibt Thomas Widmer zu verstehen. Seine Kulturen seien davon allerdings schon etliche Jahre verschont geblieben. «Dafür macht mir der Biber im Ramoos in Vordemwald immer wieder Probleme», sagt Widmer.
Ein relativ einfaches Jahr
Während die Menschheit 2020 durch das Coronavirus in Atem gehalten wurde, war dieses Jahr für die «Tanneböimler» ein gutes Jahr, in dem es kaum grössere Probleme gab. «Aufgrund der grossen Trockenheit im April mussten wir nach dem Setzen Wasser fahren», blickt Thomas Widmer auf den Jahresverlauf zurück und die späten Fröste im Mai seien alljährlich problematisch. Besonders die jungen Triebe der Weisstannen würden bei Frösten regelmässig erfrieren. «Sonst war es aber ein relativ einfaches Christbaum-Jahr», gibt Widmer zu verstehen.
Ab dem 11. Dezember gehts dann richtig los mit dem Weihnachtsbaumverkauf, der ennet der «Nazeli»-Linie, beim grossen Schopf an der Gilamstrasse abgehalten wird. Wie immer mit einem kleinen Weihnachtsmarkt, bei dem Konfitüre, Honig, Bienenwachskerzen und Gebranntes wie der «Chlemmi-Brand» (ein Küngoldinger Apfelschnaps) oder der «Gmüets-Tropfe» (ein Likör aus Williamsbirnen und Quitten) angeboten werden. «Eine schöne, aber stressige Zeit», sagen sowohl Sandra als auch Thomas Widmer. Sie seien dankbar, dass sie auf so viele helfende Hände zählen dürften. Und der schönste Moment sei dann da, wenn rund um den Schopf kaum noch Weihnachtsbäume stehen. «Dann kann ich die Tore schliessen und weiss, es ist Weihnachten», sagt Thomas Widmer.
Aarburger Ortsbürger sagen Weihnachtsbaum-Verkauf ab
Aarburg Der traditionelle Weihnachtsbaumverkauf in Aarburg muss dieses Jahr Coronabedingt abgesagt werden. Die Ortsbürgergemeinde und der Forstbetrieb hoffen, den Verkauf nächstes Jahr wieder durchführen zu können, wie es im aktuellen Mitteilungsblatt der Gemeinde heisst. (zt)