Beschwerde abgewiesen: Anwohner sind enttäuscht und müssen obendrein 10’000 Franken zahlen

Das Schürlifeldquartier in Oberentfelden ist seit jeher von kleinen, beschaulichen Einfamilienhäusern mit jeweils grossen Gärten geprägt. Nur knapp 600 Meter vom Dorfzentrum am Engelplatz entfernt, wird eine gewisse Verdichtung des Quartiers aber durch die aktuelle Bau- und Nutzungsordnung der Gemeinde erlaubt: Kleine Mehrfamilienhäuser mit bis zu sechs Wohnungen und sieben Metern Höhe dürfen gebaut werden. Ob der Bau ästhetisch ins Quartier passt oder nicht, ist eine andere Frage.

Über 40 Anwohner haben sich vor einem Jahr bei der Gemeinde gegen ein geplantes Mehrfamilienhaus am Fliederweg 8 beschwert. Die Sammeleinwendung mit offiziell 21 Unterzeichnenden wurde monatelang bearbeitet. Nachdem an der letzten Gemeindeversammlung vom 28. November eine Sanierung von Strassenbelag und Werkleitungen am 180 Meter langen Fliederweg genehmigt wurde, kam die Antwort des Gemeinderats auf die Beschwerde der Anwohnern: Sie wurde abgewiesen.

Verlorene Einsprache kostet über 10’000 Franken

«Wir werden überhaupt nicht ernst genommen vom Gemeinderat», sagte Mitunterzeichner Walter Baltisberger damals. Der Gemeinderat habe keine Bereitschaft gezeigt, das Gespräch mit den langjährigen Anwohnern zu suchen, die teilweise seit über 40 Jahren im Quartier leben. Stattdessen hätte dieser laut dein Einsprechern einen Anwalt gegen die Anwohner beigezogen – denselben Anwalt wie die Bauherren des geplanten Mehrfamilienhauses.

Walter Baltisberger zog gemeinsam mit seiner Ehefrau und einem weiteren Anwohnerpaar am 12. Februar die Beschwerde vor das kantonale Baudepartement weiter. Und dieses entschied unüblich schnell: Am 27. April lag die Antwort vor. In dieser weist auch der Kanton die Beschwerde ab.

Weil sie unterlagen, müssen die Einsprecher die hohen Verfahrenskosten übernehmen: Staatsgebühr von 3200 Franken, Kanzleigebühr von 274 Franken und Anwaltskosten von 6800 Franken. Insgesamt hat die Beschwerde nebst Zeit und Nerven über 10’000 Franken gekostet, die sich die Beteiligten nun teilen. Von einem Weiterzug auf das Verwaltungsgericht sehen sie nun ab.

«Dieses Renditeobjekt verschandelt das Quartier»

Die Beteiligten geben sich seitdem tief enttäuscht, auf mehreren Ebenen: «Es ist unglaublich, dass der Gemeinderat einen Anwalt nimmt gegen uns langjährige Anwohner», sagen sie auf Anfrage. «Wir wissen, dass wir den Bau nicht verhindern können. Doch wir finden nach wie vor: Das Quartier wird durch dieses Renditeobjekt, dass überhaupt nicht dort hineinpasst, verschandelt.»

Das Haus, in dem früher Alt-Gemeindeammann Martin Hochstrasse-Lüthy wohnte, soll ersetzt werden durch ein zweistöckiges Gebäude mit vier Wohnungen. Dazu kommt eine kleine Dachterrasse mit Liftschacht, die weiter in die Höhe sticht und laut der Beschwerde «sämtliche umliegenden Bauten» überragt, «als Aussichtsturm das Quartierbild bestimmen» und von offenbar «allen Anwohnern als äussert störend empfunden» wird.

Die «für das gesamte Quartier prägende Linde» müsse zudem für den Bau gefällt werden. Und durch «die überdimensionierte und im Quartier einzigartige Tiefgaragenzufahrt» werde die Parzelle «zubetoniert».

Ist die Abgrabung zulässig oder nicht?

Es ist denn auch diese Tiefgarage, die die Beschwerdeführenden als Argument gegen den Bau zu nutzen versuchten: Weil für die Zufahrtsrampe der Boden entlang der Ostfassade 3,3 Meter tief abgegraben werden soll, werde die gesamte Gebäudehöhe um rund 2 Meter überschritten. Für den Gemeinderat aber sei die Rampe als separates Bauteil anzusehen, da sie – zumindest auf den ersten Metern – genügend Abstand von der eigentlichen Fassade des Gebäudes haben werde.

Dies bestätigt der Kanton zwar, sagt aber, dass weiter unten, wo die Rampe auf die Aussenwand der Tiefgarage trifft, von einer unzulässigen Abgrabung ausgegangen werden kann. In dem Fall stünde dem Gemeinderat aber ein gewisser Ermessensspielraum zu. Und da die Abgrabung durch die Seitenwand der Tiefgaragenrampe verdeckt werden soll und das geplante Gebäude von aussen deshalb nicht als höher als zulässig empfunden werden wird, geht die Abgrabung für den Gemeinderat in diesem Fall in Ordnung.

Kanton spricht von «Grenzfall» – und beruft sich auf Google Maps

Der Argumentation des Kantons können die Einsprecher jedenfalls nicht viel abgewinnen. Dass das Bild des Quartiers durch den grossen Bau samt Flachdach gestört wird, hat der Kanton in der Beschwerdeantwort teilweise verneint. «Aus Google Maps und Street View ist ersichtlich, dass das Quartier zwar von Einfamilienhäusern geprägt, deren Grösse aber uneinheitlich ist», schreibt dieser. Das zulässige Volumen werde zudem «deutlich unterschritten». Es könne sogar noch ein Attikageschoss gebaut werden. Und auch die Gärten seien nicht überall im Quartier gleich gross.

 

Er bestätigt einerseits die Ansicht der Bauherren, wonach die modernere Architektur des neuen Gebäudes im Vergleich zu den bisherigen Häusern «noch lange nicht heisst, dass es nicht ins Quartier passt». Die innere Verdichtung des Dorfes sei zudem im öffentlichen Interesse und sämtliche Zonenvorschriften seien eingehalten worden, sagen die Bauherren.

Andererseits gibt der Kanton den Beschwerdeführenden Recht bei der grossen Garageneinfahrt, die in dieser Form einzigartig sei im Quartier: Dort gäbe es laut Kanton einen «Grenzfall». Doch auch hier habe der Gemeinderat eine gewisse Entscheidungsautonomie. Zudem würden Dank der Tiefgarage mehrere oberirdische Parkfelder entfallen, was positiv zu werten sei.