Bratwurstduft und Parolen zum 1. Mai

Mit Risotto und Grilladen (zubereitet von der SP Oftringen) und (klassen-) kämpferischen Reden – umrahmt mit Musik des Klezmorim Quartetts – begingen die Genossinnen und Genossen im Bezirk Zofingen gestern den Tag der Arbeit. «Mehr zum Leben!» So lautete das diesjährige 1.-Mai-Motto der Sozialdemokraten und Gewerkschafter.

Gabriela Suter, Präsidentin SP Kanton Aargau und Grossrätin «will mehr Lohn zum Leben – und zwar für ein gutes Leben, nicht einfach Lohn zum Überleben». Der Schweizer Wirtschaft gehe es gut. «Wir fordern, dass die Arbeitnehmenden am Gewinn beteiligt werden.» Insbesondere gelte dies für die Frauen, die durchschnittlich immer noch 15 Prozent weniger verdienen als die Männer.

Für ein würdiges Leben im Alter sei mehr Rente nötig. «Das Pensionskassensystem hat versagt», stellt Suter fest. «Innerhalb der letzten 15 Jahre sind die durchschnittlichen Pensionskassenleistungen für Neurentner im Schnitt um fast neun Prozent gesunken. Und während die Umwandlungssätze sinken, haben viele Pensionskassen gleichzeitig ihre Beiträge erhöht.» Besonders schlimm ist der ungenügende Versicherungsschutz für Leute, die Teilzeit arbeiten.

Arsène Perroud, SP-Grossrat und Gemeindeammann von Wohlen, reflektierte «Mehr zum Leben» am Stichwort Vertrauen. «Eine fehlende Perspektive, Unsicherheit oder fehlende Zuversicht sind hemmend und können Menschen in die Verzweiflung treiben», sagt er.

Das Vertrauen in die Institutionen sei bei einem zunehmenden Teil der Bevölkerung nicht mehr da. «Es sind verschiedene Themen, bei denen das Vertrauen schwindet oder schon ganz weg ist – Altersvorsorge, Sicherheit, Klimapolitik, faire Löhne für geleistete Arbeit, Gesundheitsversorgung …» Alle Parteien reklamieren für sich, dass ihre Politik dem Wohl der gesamten Gesellschaft dienen soll. «Ist das wirklich so? Trägt der Wettbewerb der Krankenkassen tatsächlich zu einer besseren Gesundheitsversorgung bei? Worin liegt der Mehrwert für die Bevölkerung, wenn der Service public abgebaut wird?» Oft würden Probleme lieber bewirtschaftet als gelöst. «Sozialdemokratisch denkende Menschen werden es zusammen mit den Gewerkschaften schaffen, der Bevölkerung das Vertrauen in die Politik zurückzugeben», zeigte sich Perroud mit Blick auf die Nationalrats- und Ständeratswahlen überzeugt.

Mia Gujer ist Vorstandsmitglied der SP Aargau. Sie fokussierte sich auf das Thema Gleichstellung: «Als ich vor ein paar Tagen mit einem Freund über meine politische Arbeit sprach, gab er mir den Tipp, etwas weniger auf sozialistische Feministin zu machen – denn dies würde meine Karriere erschweren.» Gujer wirft auf diese Empfehlung die Frage auf, «soll ich mich von Männern ruhigstellen lassen, damit ich es in Positionen schaffe, in denen ich Frauen unterstützen und damit die Gleichberechtigung vorantreiben kann?» Genau dieser Gedankengang zeige auf, wie wenig fortgeschritten das Thema Gleichstellung in der Schweiz sei.

Arsène Perroud, SP-Grossrat und Gemeindeammann von Wohlen, reflektierte das Motto «Mehr zum Leben» am Stichwort Vertrauen. (Bild: Beat Kirchhofer)
Arsène Perroud, SP-Grossrat und Gemeindeammann von Wohlen, reflektierte das Motto «Mehr zum Leben» am Stichwort Vertrauen. (Bild: Beat Kirchhofer)
Das Klezmorim Quartett umrahmte die Zofinger 1.-Mai-Feier. (Bild: Beat Kirchhofer)
Das Klezmorim Quartett umrahmte die Zofinger 1.-Mai-Feier. (Bild: Beat Kirchhofer)