
Burka-Debatte neu lanciert
Der Bundesrat hat einen weisen Entscheid gefällt. Er lehnt die Burka-Initiative ab, will aber schärfere Regeln. Kontakte mit bestimmten Behörden sollen zwingend unverhüllt erfolgen. Über diesen indirekten Gegenvorschlag und die Volksinitiative «Ja zum Verhüllungsverbot» entscheidet nun das Parlament, später das Volk. Zum einen hat der Bundesrat recht, wenn er betont, dass er sich soweit wie möglich raushalten will: Es sei Sache der Kantone, den öffentlichen Raum zu regeln; das Tessin hat das Verhüllungsverbot schon 2013 eingeführt, St. Gallen folgte letztes Jahr. Gleichzeitig macht die Regierung klar, dass sie die Frage der Verhüllung nicht einfach vom Tisch wischen will. Die Debatte ist also neu lanciert.
Ich weiss schon jetzt: Ich werde bei der Abstimmung ein doppeltes Ja einlegen. Das Burka-Tragen im öffentlichen Raum ist keine Frage der Religionsfreiheit mehr. Der öffentliche Raum definiert sich ja nicht nur über tatsächliche Orte wie Strassen, Plätze oder Regierungsgebäude. Er ist auch ein immaterieller Raum, der durch die Menschen, die sich in ihm zeigen, definiert wird. Wer sich nicht zeigen will, signalisiert: Dieser öffentliche Raum ist mir schnurz; was darin entsteht, ist mir schnurz, die Gemeinschaft ist mir schnurz. Solche Leute möchte ich aber nicht im öffentlichen Raum – wenn ihnen dieser egal ist, sollen sie zu Hause bleiben. Der Gegenvorschlag ist das Mindeste, was man erwarten darf. Wer in einen Akt mit dem Staat tritt und von diesem etwas will, soll nicht gleichzeitig signalisieren dürfen, dass ihm dieser Staat wurscht ist – genau das nämlich ist im Grunde die Haltung jener, die ihr Gesicht partout nicht zeigen wollen.
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