Cédric Wermuth rollt Ruth Müri den roten Teppich aus

Cédric Wermuth hat am Sonntag im ersten Wahlgang für den Ständerat das drittbeste Resultat gemacht. Rund 55’000 Mal ist sein Name auf den Stimmzettel geschrieben worden, der zweitplatzierte Hansjörg Knecht (SVP) brachte es auf rund 72’500 Stimmen, Thierry Burkart (FDP) als Spitzenreiter erreichte 82’500 Wählerinnen und Wähler. Für den zweiten Wahlgang schien also einiges offen, allerdings mit Vorteil für Burkart und Knecht.

Jetzt ist klar: Zur Ausmarchung zwischen den zwei bürgerlichen Kandidaten und dem ehemaligen Juso-Chef wird es nicht kommen. Cédric Wermuth verzichtet nach einem aufwendig geführten Wahlkampf darauf, am 24. November für den zweiten Wahlgang anzutreten. Stattdessen unterstützen die Sozialdemokraten Ruth Müri von den Grünen, die im ersten Wahlgang mit gut 40’000 Stimmen den vierten Platz erreicht hat.

Wermuths Verzicht ist Teil einer engen Zusammenarbeit zwischen SP und Grünen, die auch die Strategie für den zweiten Wahlgang bei der Regierungsrats-Ersatzwahl umfasst. Dort werden die Grünen die Kandidatin der SP Yvonne Feri unterstützen.

Grünen-Kandidat Severin Lüscher verzichtet darauf, erneut anzutreten. Feri hat im ersten Wahlgang knapp 45 000 Stimmen erzielt und so hinter Jean-Pierre Gallati (SVP, knapp 64’000 Stimmen) den zweiten Rang erreicht. Lüscher kam nicht einmal auf die Hälfte ihrer Stimmen und wurde noch hinter Doris Aebi (GLP) Letzter.

Ein persönlicher Entscheid von Cédric Wermuth

Der Rückzug sei sein persönlicher Entscheid gewesen, sagte Cédric Wermuth gestern Dienstag in Aarau vor den Medien, er tue dies in Absprache mit beiden Parteien zugunsten der rot-grünen Kräfte und damit von Ruth Müri. «Mein Verständnis von Politik ist, dass wir alle Verantwortung für das grosse Ganze übernehmen müssen», sagte Wermuth.

Er habe sich vorgenommen, dass nicht seine Person im Vordergrund stehen dürfe, sondern der Einsatz für die Sache der Linken: Für eine soziale, gerechte, ökologische, offene Schweiz. Er setze sich in den nächsten vier Wochen deswegen für die Wahl von Ruth Müri mit genauso viel Enthusiasmus ein, wie er beim ersten Wahlgang für sich selber aufgebracht habe, kündigte er an.

Der letzte Wahlsonntag dürfe angesichts der Erfolge der Linken als historisch bezeichnet werden, so Wermuth. Auch im Aargau konnten SP und Grüne an Wählerstimmen zulegen. Die Listenverbindung und damit die Zusammenarbeit der beiden Parteien habe sich als richtig erwiesen und zu diesem Ergebnis geführt.

Die Wahlen seien aber im Aargau noch nicht entschieden. Es gelte weiterhin, eine bürgerliche Dominanz zu verhindern. «Mit dem Paket Gallati, Burkart und Knecht droht unserem Kanton Stillstand oder gar Rückschritt», so Wermuth. Dies dürfe keine Option sein. Mit Ruth Müri und Yvonne Feri solle dies verhindert werden.

Für mehr Frauen und eine progressive Politik

Sie sei von Wermuths Entscheid tief beeindruckt, er verdiene hohen Respekt, sagte Ruth Müri. «Es ist Zeit für eine grüne Aargauer Ständerätin. Ich bin bereit.» Nach dem Rücktritt von Pascale Bruderer sei es für Grüne und SP klar, dass Rot-Grün weiterhin den Aargau in Bern vertreten müsse.

Der Kanton wäre nur richtig vertreten, wenn seine Ständerats-Delegation mindestens eine Frau beinhalten würde. Die Wahl von zwei bürgerlichen Männern wäre ein Widerspruch zu den Resultaten bei den Wahlen vom Sonntag, als sich die Wählerinnen und Wähler für mehr Frauen und für mehr linke, progressive Politik in Bundesbern ausgesprochen haben.

Ruth Müri und Yvonne Feri treten gemeinsam auf

Das gilt nach Ansicht von Grünen und SP auch für den Regierungsrat. In diesem Jahrtausend und speziell im Frauenjahr sei es unangebracht, eine reine Männerregierung zu stellen, sagte Yvonne Feri. «Ich will mich nicht für den Aargau schämen müssen», stellte sie klar. Nach dem Rückzug von Jeanine Glarner (FDP) und Doris Aebi (GLP, siehe Artikel rechts) steht keine weitere Frau für die Regierungsrats-Ersatzwahl zur Verfügung.

Es müsse auch verhindert werden, dass die rechtsbürgerliche Ausrichtung der Regierung mit SP-Landammann Urs Hofmann als einzigem linken Vertreter durch Jean-Pierre Gallati von der SVP noch gestärkt werde. «Dann ist nicht mehr garantiert, dass der Aargau progressiv regiert wird», so Feri.

Dass sie die richtige Kandidatin sei, habe sich am Sonntag gezeigt. «Ich bin bis weit in die Mitte wählbar», sagte die Nationalrätin. Müri und Feri werden in den kommenden Wochen gemeinsam auftreten. «Wir haben das richtige Konzept für den Aargau. Wir sind bereit», sagte Feri.

Die Grünen sagen Ja zur Zusammenarbeit

Am Dienstagabend erhielten SP und Grüne definitiv grünes Licht für dieses Vorgehen. An der Mitgliederversammlung der Grünen in Muri nominierten diese Ruth Müri einstimmig für den zweiten Wahlgang. Per Video- Botschaft bedankte sich die Kandidatin dafür und für den Support im ersten Wahlgang.

An der Versammlung konnte sie wegen der gleichzeitig stattfindenden Einwohnerratssitzung in Baden selber nicht teilnehmen. Auch die grüne Unterstützung für Feri ist sicher, die Basis der Grünen hiess den Vorschlag der Parteispitzen ohne grössere Diskussionen gut.