
«Chöne Sie ned mit Charte zahle?»
Im Alltag bringt das Corona-Virus durchaus auch einige positive Veränderungen mit sich. Ich bin zumindest froh, dass, Corona sei Dank, mittlerweile überall jeder Betrag mit Karte bezahlt werden kann. In der Vergangenheit musste ich nur allzu oft aus der Metzg oder dem Beck rennen und hastig einen Geldautomaten suchen, weil ich zu wenig Münz im Sack hatte und Kartenzahlung partout erst ab 25 Franken möglich war. Nun ist es gerade andersrum: Weil niemand mehr Bargeld will, werde ich es nicht mehr los. Zücke ich eine Zwanzigernote, heisst es vorwurfsvoll: «Chöne Sie ned mit Charte zahle?» Und so stecke ich das Nötli konfliktscheu wieder ein. Alles schön und gut, das Virus will man nicht. Kürzlich war ich in einer Metzgerei, die ich schon mehrmals verlassen musste, um einen Bancomaten zu suchen. Immerhin weiss ich nun, wo ich einen finde. Direkt beim Eingang der Metzgerei steht ein kontaktloser Desinfektionsmittelspender. Ein BAG-Plakat am Tresen erklärt, wie wir uns schützen können. Auf dem Tresen hat es eine Plexiglasscheibe, damit ja keine Tröpfchen hin und her fliegen. Alles tipptopp in diesen Tagen. Die ältere Dame vor mir bezahlt mit Bargeld und entschuldigt sich dafür – sie könne leider nur so bezahlen. Der Verkäuferin scheint es egal zu sein, sie nimmt das Geld mit blossen Händen entgegen und legt es auf den Tresen, wo kurz vorher noch das unverpackte Fleisch der älteren Dame lag, um das Wechselgeld hervorzukramen. Direkt danach bin ich an der Reihe und bestelle 100 Gramm Lyoner. Um an den Lyoner zu kommen, muss die Verkäuferin erst einen Speck wegräumen. Daumen voll auf der Schnittfläche. Sie nimmt meinen Lyoner und beginnt zu schneiden. Jede Scheibe fasst sie einzeln an und legt sie aufs Papier. Als ich bezahlen will, zücke ich meine Zwanzigernote. Vorwurfsvoll werde ich gefragt: «Aber Sie chöne doch sicher mit Charte zahle?»